Mülheim. . Die Thyssen-Brücke – das wichtige Verbindungsstück von Mülheim nach Oberhausen – ist so marode, dass man sie entlasten muss. In den kommenden Tagen wird die Brücke für LKW ab 7,5 Tonnen gesperrt, PKW- und Straßenbahnfahrer müssen mit Wartezeiten rechnen, da der Verkehr nun mit einer Ampelschaltung geregelt wird. Die Frage, warum diese Maßnahme gerade zeitgleich mit der Sperrung der A40 ergriffen wird, bleibt offen. Der miserable Zustand der Brücke ist schon länger bekannt.

Noch fahren die Autos an der Styrumer Thyssen-Brücke – die wichtige Querung zwischen Oberhausener und Friedrich-Ebert-Straße. Doch schon seit einiger Zeit darf die Linie 112, Oberhausens einzige Straßenbahn, nur noch abwechselnd rüber, aber nie gleichzeitig. „Es ist Gefahr im Verzug“, sagt der Teamleiter der Mülheimer Verkehrsplanung Roland Jansen. Die Brücke ist nunmehr so marode, dass man sie entlasten und neu bauen muss. Im schlimmsten Fall könnte Oberhausen über mehrere Jahre seine Straßenbahn verlieren.

Genau dann nämlich, wenn sich für den Neubau der Brücke eine Vollsperrung als günstigste Variante herausstellen sollte oder gar Sicherheitsgründe dafür sprächen. 14,67 Mio Euro soll die neue Brücke bei einer Teilsperrung kosten, 4,21 Mio Euro muss davon Mülheim tragen, der Rest wird aus Fördermitteln bezahlt. Etwa zwei Jahre würde die Bauzeit betragen. Die Kosten einer Vollsperrung werden ebenfalls erwogen und derzeit noch gerechnet. In diesem Fall fiele die einzige Straßenbahn für Oberhausen aus, sagt Klaus Dieter Kerlisch, Leiter des Mülheimer Tiefbauamts, denn die Depots für die Wartung liegen in Mülheim, die Stoag hätte keine Möglichkeiten, die Straßenbahn selbst zu warten.

Das bestätigt Stoag-Vorstand Peter Klunk: „Eine Insel-Lösung wäre für Oberhausen nicht möglich. Wir müssten dann auf den Schienenersatzverkehr umsteigen. Das wäre traurig.“ Klunk geht jedoch davon aus, dass auch Mülheim nach einer Lösung sucht, den Straßenbahnverkehr zwischen den Städten aufrechtzuerhalten, „notfalls indem man die Thyssen-Brücke weiter entlastet, die Taktzeiten für die Bahn reduziert oder auch den Pkw-Verkehr einschränkt“.

Sperrung für Laster-Verkehr ab 7,5 Tonnen

Überraschend plötzlich entschied Mülheim, die Brücke ab sofort für den Laster-Verkehr ab 7,5 Tonnen zu sperren. Der miserable Zustand der Brücke ist indes schon seit Jahren bekannt: 1994 übernahm die Nachbarkommune das nunmehr 103 Jahre alte Bauwerk von der Deutschen Bahn. Das erwies sich leider bald als Kuckucksei, denn bereits 2008 stellte Mülheim Querschnittsminderungen an der Konstruktion fest. Der Rost nagte an den Stahlträgern, der trotz verschiedener Sanierungsmaßnahmen nicht aufgehalten wurde. Die Aufnahmen von heute zeigen sogar abgefressene Nieten.

2010 erstellte die Stadt eine Machbarkeitsstudie für den Neubau während des laufenden Verkehrs. Ging aber wohl davon aus, die Konstruktion hielte noch über 2015 hinaus. Parallel reagierte die Stadt mit Entlastungsmaßnahmen für die Brücke, indem sie die Straßenbahnen nur noch abwechselnd rüber ließ. Im Juni 2012 kam jedoch das Aus für Lkw per Gutachten. Es besagt, dass die Tragfähigkeit der Brücke unter Eigengewicht „wahrscheinlich über das Jahr 2015 hinaus nicht mehr bestätigt werden kann“. Für die Stadt überraschend: „Wir hatten gehofft, sie hält länger“, sagt Kerlisch.

Pkw und Straßenbahn sind von den Einschränkungen noch nicht betroffen. Sie müssen aber mit längeren Wartezeiten beim Überqueren rechnen, weil dies nun per Ampelschaltung geregelt wird. Und diese Situation – das ist schon jetzt klar – wird sich nicht von heute auf morgen ändern. Die Thyssen-Brücke muss umfassend erneuert werden. Vor 2016 wird erst gar nicht mit dem Bau begonnen; so lange wird es allein dauern, ein Planungsbüro zu finden, das Bauvorhaben auszuschreiben, Fördergelder zu beantragen und eine Freigabe von der Deutschen Bahn für den Bau zu bekommen, zählt der Leiter des Mülheimer Tiefbauamts auf. Unter der Brücke führt nämlich die für den Schienenverkehr wichtige Ost-West-Achse entlang. Es muss also gearbeitet werden, ohne dass es zu starken Verzögerungen bei S-Bahn, ICE und Co kommt. Mit einem Ende der Maßnahme und der Umleitung rechnet man erst in fünf Jahren, nicht vor dem Winter 2017.