Mülheim. .
Noch bevor die Stilllegung politisch beschlossen ist, rollt seit Montagmorgen zwischen Hauptfriedhof und Flughafen keine Straßenbahn der Linie 104 mehr.
Das ist wohl das vorweggenommene Aus für den Flughafen-Ast. Der MVG-Betriebsleiter sah sich gezwungen, den Schienenverkehr einzustellen. Zu marode ist die Infrastruktur. Die Sicherheit auf der Strecke sei nicht länger zu gewährleisten.
Von vorauseilendem Gehorsam könne daher keine Rede sein, betonte am Mittag Klaus-Peter Wandelenus in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Er ist als Technischer Betriebsleiter im Via-Verbund der Nahverkehrsunternehmen Essen, Duisburg und Mülheim zuständig (und persönlich haftbar zu machen) für die sichere und ordnungsgemäße Betriebsführung im ÖPNV. Am Freitag trat er auf die Notbremse, zeigte der technischen Aufsichtsbehörde der Bezirksregierung an, den Betrieb der 104 auf dem Flughafenast am Montagmorgen einzustellen.
Bus statt Bahn
Seither pendelt ein Bus der beauftragten Firma Vehar zwischen Flughafen und Hauptfriedhof, um den 20-Minuten-Takt nach 104er-Fahrplan und die Anschlüsse am Hauptfriedhof sicherzustellen.
Schon lange ist auf der Flughafen-Strecke ein Investitionsstau zu beklagen. Schon vor zwei Jahren hatte die MVG die Sanierung der Strecke in ihrem Investitionsplan verankert. Doch die politische Diskussion über eine „Liniennetzoptimierung“ setzte dem Vorhaben seine Grenzen.
Die Mittel wurden nicht freigegeben, die Stadt will auf der Strecke – wie berichtet – künftig Busse statt Bahnen rollen lassen. Mitunter weit weniger als 1000 Fahrgäste pro Tag rechtfertigten keinen Einsatz von Straßenbahnen dort, heißt es zur Begründung. Die Verwaltung schlägt vor, vom Flughafen ausgehend Busse erst bis Stadtmitte und Hauptbahnhof fahren zu lassen und von dort weiter nach Styrum (als Ersatz für die Straßenbahnlinie 110).
Sicherheit nicht gewährleistet
Eine politische Mehrheit für die Stilllegung der Flughafen-Strecke zeichnet sich zwar schon ab, jetzt kam das Aus für die Straßenbahn aber schneller. Schon seit Monaten war die MVG mit deutlich gedrosselter Geschwindigkeit auf der Flughafen-Strecke unterwegs, zuletzt gar nur mehr mit 10 km/h.
Ein Belastungstest in der vergangenen Woche hat laut Wandelenus schließlich ergeben, dass die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden könne. „Die Verantwortung, dort weiter zu fahren, kann niemand übernehmen.“ Sowohl die Gleise als auch deren Verankerung auf den Schwellen und das Gleisbett sind in einem „katastrophalen Zustand“, so Hans-Jürgen Faßbender, Bereichsleiter Fahrwegetechnik bei der Via.
"Nur vorübergehend" außer Betrieb
Auf fünf Streckenabschnitten seien die Mängel besonders gravierend. Bis jetzt habe man „mit Bordmitteln versucht, die Anlage in Schuss zu halten“, sagte Faßbender. Es reiche aber längst nicht mehr, hier mal eine Schwelle zu erneuern oder dort mal eine Schraube neu zu verdübeln.
Um überhaupt wieder eine Straßenbahn sicher dort verkehren zu lassen, so Wandelenus, seien sofort 500.000 bis 600.000 Euro zu investieren – das sei aber von der Stadt als Auftraggeberin für die Nahverkehrsleistungen der MVG „derzeit nicht gewünscht“. Eigentlich wären gar 2,3 Mio. Euro in Gleisanlagen und 1,6 Mio. Euro in die Fahrleitung zu stecken. Geld, das sich die Stadt sparen will – und wohl auch wird. Da kann die MVG in ihrer offiziellen Sprechweise noch so oft darauf verweisen, dass die Strecke „nur vorübergehend“ außer Betrieb genommen worden sei.