Mülheim. .
15 Jugendliche aus zehn Ländern und mit neun Mutter-Sprachen. So unterschiedlich wie alle sind – zusammen sitzen die Jugendlichen auf einer Decke auf der Wiese in der Müga mit einem Stück Pizza in der Hand. Lebhaft sprudeln sie fast über bei ihren Erzählungen und mit der deutschen Sprache klappt es auch schon ganz gut.
Und sie haben noch weitere Gemeinsamkeiten: Diese jungen, neugierigen und offenen Menschen tun alles dafür, um die deutsche Sprache zu lernen, um sich in Deutschland einzurichten. „Nein“, sagt Andy (17) aus Ghana, es sei nicht einfach, in einem anderen Land zu leben: „Aber wir wollen hier eine Heimat finden und etwas in unserem Leben erreichen.“
Zum letzten Mal sind die Schüler der Internationalen Förderklasse (IFK) am Berufskolleg Stadtmitte an diesem Sommermorgen zusammen gekommen. Schon bald werden sich ihre Wege trennen und sie gehen den nächsten Schritt in einen neuen Ausbildungsgang. Während sie alle die verschiedenen Kulturen schätzen gelernt haben, so haben sich auch Freundschaften ergeben und darüber hinaus, „ist die IKF mein zweites Zuhause“, sagt Armin (16) aus Serbien.
"Wir schaffen das"
Mit dabei sind zwei engagierte Mitstreiter: Lehrerin Helga Frohn-Heinl und Theaterpädagoge Frieder Saar, der das Unterrichtsprojekt „Darstellendes Spiel“ schon seit neun Jahren betreut. Denn es steht auf dem Lehrplan der Internationalen Förderklasse. Ihre Improvisationsarbeit „Dann bis Du Du. Wo ist die Grenze?“ mit biografischen Szenen, viel Pantomime, mit Geschichten und Erfahrungen aus ihren Heimatländern und Deutschland wurde mit dem diesjährigen RWW-Schulkulturpreis belohnt. „Den ersten Preis“, betont Frieder Saar, „den habt ihr euch verdient, ihr wart wirklich gut“.
Unglaublich, schüttelt Negomi aus Sri Lanka die schwarzen langen Haare, damit hat keiner von ihnen gerechnet. Negomi hat das ganze Theaterprojekt organisiert. Und da zählen neben Gestik, Mimik, dem Spiel auch Konzentration, Verlässlichkeit und nicht zuletzt auch Sprache. „Das war nicht leicht“, sagt Armin, der für die Technik zuständig war: „Aber wir schaffen das.“ Und genau das ist zum geflügelten Spruch für alles geworden, was sich die Schüler vorgenommen haben.
"Die Leute in Deutschland sind meist wie bei uns auch"
Während die jungen Menschen aus Ghana, Nigeria, Syrien, Sri Lanka, Irak und Libanon auf einen komplett anderen Kulturkreis gestoßen sind, sagt Jakub (18) aus Polen: „Die Leute in Deutschland sind meist wie bei uns auch.“ Aus den unterschiedlichsten Gründen sind die Jugendlichen mit ihren Familien nach Deutschland gekommen – Krieg, Krisen und politische Verhältnisse sind häufig Triebfeder dafür, die Heimat zu verlassen.
Wenn die Schüler mit der Förderklasse fertig sind, „sind alle versorgt“, sagt Lehrerin Helga Frohn-Heinl. Einige müssten einen Schulabschluss noch nachholen, während andere einen berufsvorbereitenden Bildungsgang oder eine Ausbildung beginnen. Trotz qualifizierter Zugangsvoraussetzungen und sogar Hochschulberechtigungen, sagt Frohn-Heinl, „gibt es immer wieder Probleme mit der Anerkennung von Schulabschlüssen“. So muss die Lehrerin auf ganz unterschiedliche Lerngruppen eingehen. Doch die Motivation ihrer Schüler wiegt vieles auf. „Die wollen überwiegend lernen, sich etwas aufbauen und Freundschaften schließen.“
Und sie haben Zukunftspläne: Osamudiamen aus Nigeria hat ein Praktikum in einen Mülheimer Seniorenheim gemacht. Er brachte sogar einen alten Mann, der alles ablehnte, dazu, einen Joghurt zu essen. Die überzeugende Arbeit des Jungen habe den Leiter der Einrichtung zu dem Reim veranlasst: „Sein Deutsch ist zwar nicht perfekt, aber das Herz ist am rechten Fleck.“ Nasir aus Afghanistan will Koch werden und Negomi aus Sri Lanka hat einen Ausbildungsplatz als Bürokauffrau in der Tasche. Und auch die anderen – sie schaffen das schon.