Mülheim. .

In Mülheim könnte bald ein anderer Wind in Richtung Windkraft wehen. „Die Stadt prüft Windvorrangflächen“, so Dr. Susanne Dickel von der Initiative für Klimaschutz, also Orte, an denen Windkrafträder wünschenswert wären und genehmigt werden könnten. Nach fast einem Jahrzehnt Stille in Sachen regenerativer Windenergie wird im August vom Obersten Verwaltungsgericht sogar die Wiederaufnahme einer alten Genehmigung am unteren Blaspillerweg in Selbeck geprüft.

Allerdings: Gerade dieses Projekt dürfte nicht bei allen auf Begeisterung stoßen. Erst 2003 machten Anwohner, CDU, FDP und Selbecker Bürgerverein viel Wind um den Bau von zwei Windkrafträdern auf dem Gelände eines Landwirtes, das im Landschaftsschutzgebiet Auberg liegt.

Stadt legt Widerspruch ein

Die Firma Enercon wollte hier zwei Anlagen mit je 133 Meter Ro­torhöhe und 1,8 Megawatt Nennleistung errichten und betreiben. Entstanden sind jedoch nur Fundamente; die Genehmigung der Stadt wurde per Klage vor dem Verfassungsgericht für nichtig erklärt, der Bau eingestellt.

Oder besser: eingefroren. Denn die Stadt legte Widerspruch ein, der Anfang 2012 als zulässig befunden wurde. Nun soll im August auf einem Ortstermin geprüft werden, so Stadtsprecher Volker Wiebels, ob am Blaspillerweg nicht doch ein Paar Riesenpropeller entstehen dürfen.

Zu den Chancen für diesen möglichen zweiten Anlauf hält sich der Stadtsprecher aber zurück. Grund für Optimismus gibt es nämlich kaum.

Windkraft gerne – nur nicht hier

Die Windkraft boomt anderswo, in der Stadt am Fluss fasst sie keinen Fuß: Als Landwirt im Brahm ebenfalls 2003 einen Riesenpropeller nahe der Ruhrtalbrücke errichten lassen wollte, der 250 Einfamilienhäuser mit Strom hätte versorgen können, lehnte die Politik den Plan ab. Sie befürchtete eine Beeinträchtigung der Landschaft. Windkraft gerne – nur bitte nicht hier, hieß es seitdem zu jedem konkreten Projekt.

Die Optik, mehr aber noch der Schlagschatten der Rotoren und die notwendigen Leitungen für den Transit werden von Bürgern und Politik gegen Anlagen ins Feld geführt. Dabei „ist die Windenergie positiv“, betont der Mülheimer Planungsamtsleiter Martin Harter. – aber eben „ohne große Transitverläufe“, macht auch er die Einschränkung.

Windkraft ja – wo es vertretbar ist

Selbst die Grünen halten den Riesenpropellern nur noch begrenzt die Stange: „Grundsätzlich befürworten wir natürlich die Windenergie“, sagt Fraktionsführer Tim Giesbert, „wo es vertretbar ist.“ Was den Auberg oder das Ruhrtal betrifft, ist Giesbert jedoch in erster Linie skeptisch: „Das sind Naherholungsgebiete, andere Flächen sind besser geeignet.“

Doch wie viele Flächen bleiben überhaupt noch? Zuletzt prüfte die Stadt 2005, an welchen Stellen die notwendige Windhöffigkeit – also ein ausreichendes durchschnittliches Windaufkommen – gegeben ist. „Die Technik hat sich seitdem enorm entwickelt“, glaubt Harter, dass nunmehr auch weniger windige Ecken in Frage kämen.

Derzeit ist jedoch nur eine im Gespräch: die Deponie Kolkerhofweg im Ruhrtalbogen. 2009 gab es für das Gelände zwar erste Anfragen, aber bislang keine konkrete Umsetzung. Hier könnte die Stadt mit den Riesenpropellern auch optisch ein positives Image senden, meint Harter. Die wären nämlich von der Autobahn aus zu sehen.