Mülheim. .
Ruhrbania-Architekt Matthias Pfeifer warnt angesichts der aktuellen Bürgerbeteiligung beim Forschungsprojekt „Innovationen für Innenstädte“ eindringlich davor, die mit Ruhrbania begonnene Therapie für Mülheims Zentrum mittendrin abzubrechen. Wer jetzt nicht Kurs halte beim Stadtumbau, etwa durch eine Neuausrichtung am Kaufhof-Standort, nehme dem Einzelhandel auf Schloß- und Nebenstraßen die letzte Chance auf Erholung.
Pfeifer, Mitgesellschafter des Düsseldorfer Stadtplanungsbüros RKW (Rhode Kellermann Wawrowsky), lieferte sich am Dienstagabend einen Schlagabtausch mit Planern und Bürgern, die sich in dieser Woche am experimentellen Städtebau versuchen und eine Zukunftscollage für den Kaufhof-Leerstand im Speziellen und die Innenstadt insgesamt entwerfen wollen. Wiederholt schüttelte Pfeifer da zum Abschluss eines weiteren ideenreichen Tages ohne Tabus den Kopf, als Projektleiter Prof. Harald Kegler sein Zwischenfazit zog.
Neuorientierung am Kaufhof
Viele Bürger wünschen sich eine Neuorientierung am Kaufhof. Einen Ort der Begegnung. Mit Freizeit- und Kulturangeboten, mit Gastronomie. Vielleicht noch eine Markthalle, oder ein multikulturelles Kaufhaus, das die Vielfalt in Mülheims Bürgerschaft spiegelt. Aber weniger Wucht im Bau, um Menschen „zu animieren, zu Ruhrbania zu kommen“. Durch mehr Grün, mehr Aufenthaltsqualität. Kurzum: Am Kaufhof-Standort wünschen Bürger was für die Stadtgesellschaft, nicht puren Kommerz. Das Knochenprinzip der Schloßstraße, mit handelsstarken Fixpunkten an deren Enden, so Prof. Kegler, sei zumindest infrage zu stellen. Eine Essenz aus den ersten Tagen der Bürgerbeteiligung sei, künftig den kleinen Nord-Süd-Achsen der City mehr Bedeutung zuzumessen, mit Ausrichtung zur Altstadt.
Ruhrbania-Planer Pfeifer widersprach vehement. „Das Knochenprinzip ist zwar außer Kraft gesetzt, aber nicht tot.“ Auch wenn das Format Warenhaus à la Kaufhof nicht mehr funktioniere, hieße das nicht, dass am unteren Ende der Schloßstraße nicht wieder Handel wichtiger, weil für den Handel ringsum belebender Anker sein könne. Auch wenn das Interesse der Branche an Mülheim aktuell äußerst gering sei: Der neue Hafen, ringsum 800 Sitzplätze in der Gastronomie – „das wird die Expandisten locken“, so Pfeifer.
Mülheims City droht eine "Amerikanisierung"
Es wäre „ein Hasardeursverhalten, das seinesgleichen sucht“, so der Düsseldorfer Stadtplaner, würde Mülheim nun nicht die Geduld aufbringen, noch ein, zwei Jahre auf die positiven Effekte der Ruhrbania-Promenade zu warten. Zuvorderst sei die Achse Schloßstraße zu stärken. Der Handelsanker an ihrem unteren Ende dürfe ihr nicht genommen werden. Sonst drohe Mülheims City eine „Amerikanisierung“: Der Handel auf Schloß- und umliegenden Straßen werde weiter sterben. Handel werde es schließlich nur mehr im Forum geben. Ringsum Vorstadt-Ödnis, wie in Alt-Oberhausen.
Bürger, Studenten und Architekten übten Kritik an Pfeifers Durchhalteparole. Eine Handelszentriertheit sei zu überdenken bei all der Konkurrenz in unmittelbarer Nachbarschaft. Warum, so eine Frage, könnten nicht auch Freizeit- und Gastronomieangebote eine Ankerfunktion erfüllen?