Mülheim. .
Vor der Tür des Portugiesischen Sport- und Kulturzentrums „União Desportiva e Cultural Portuguesa” an der Georgstraße 26 stehen mit portugiesischen Fahnen und Flaggen geschmückte Autos, über dem Eingang hängt eine große Landesfahne, die Fenster stehen offen, alle scheinen in Erwartung der Fußballbegegnung Deutschland – Portugal zu sein. Im kleinen Gastraum hängt ein Fernseher in der Ecke über der Tür – ausgeschaltet. Oje! Kein Public Viewing?
Wirt und zweiter Vorsitzender des Vereins, Luis Cabral-Sousa, lacht und führt – an hunderten (!) glänzender Fußballpokale vorbei – in den Saal. Dort sind eine riesige, fünf mal sieben Meter große Leinwand und ein Beamer aufgebaut. Die Stuhlreihen beginnen sich zu füllen: Frauen, Kinder, Jugendliche und Männer, die rund achtzig Mitglieder des seit vierzig Jahren bestehenden Vereins scheinen alle zum ersten wichtigen Spiel der EM 2012 erschienen zu sein, um ihre Mannschaft anzufeuern. Einige deutsche Gäste sind auch gekommen, die Atmosphäre ist herzlich und familiär, Jeder kennt jeden. José Felipe Gomes, ehemaliger Torwart der Vereinsmannschaft und wie die meisten mit Fußball-Trikot und Kappe bekleidet, bestätigt: „Nationalitäten interessieren uns nicht. Wir feiern friedlich und freuen uns über guten Fußball!“
Christiano Ronaldo ist der beliebteste Spieler
Von den rund 400 in Mülheim lebenden Portugiesen sind in der zweiten Generation viele mit Deutschen verheiratet, die Enkelkinder sprechen kaum Portugiesisch und so gilt die Begeisterung vorwiegend dem guten Fußballspiel. Auf die Frage nach den beliebtesten Fußballern werden Ballkünstler der jeweils heimischen Mannschaften genannt: Senhor Cabral-Sousa steht zu João Moutinho vom FC Porto, denn er stammt ebenfalls aus der Hafenstadt. Senhor Gomes favorisiert Nani aus seiner nördlichen Heimat Braga. Bei der Begeisterung für die Nummer 7, Cristiano Ronaldo, sind sich alle einig.
Auf die Frage nach einem Tipp werden vorsichtig Wünsche geäußert: 1:1 oder 2:1 für Portugal. Die Übertragung beginnt, die Kommentatoren beginnen zu reden – natürlich auf Portugiesisch. Bei jedem Ballbesitz ihrer Mannschaft wird begeistert applaudiert. Kommen die Rot-Grünen in die Nähe des deutschen Tors, wird eine von der WM übrig gebliebene Vuvuzela aktiviert – die Stimmung ist fantastisch. In der Halbzeit wird gefachsimpelt, diskutiert, durch das geöffnete Fenster der Mercedes von José Pinho-Ferreira allgemein bewundert: Er hat die Autositze aus portugiesischen Nationalflaggen selbst genäht, die Außenspiegel sind in den Nationalfarben bezogen, die gesamte Karosserie ist eingekleidet.
In der zweiten Halbzeit wird das Spiel schneller, drängender, die Kommentare des Publikums lauter. Das 1:0 Tor durch Mario Gomez in der 72. Minute will niemand so recht gut finden, aber das faire Spiel und die knapp verpassten Tore von Pepe und Nani trösten die Fangemeinde doch über die Niederlage hinweg.