Mülheim. .

Bei einem Musikfestival, das einen besonderen Schwerpunkt auf die Komponisten der USA legt, darf George Gershwin nicht fehlen. Zwar denkt man bei ihm eher an großformatige Musicals, doch im Rahmen des ersten Mülheimer Konzertes des diesjährigen Klavier-Festivals stellten die taiwanesische Pianistin Ya-Fei Chuang, ihr amerikanischer Kollege Robert Levin und die deutsche Mezzosopranistin Eva Vogel in der Mülheimer Stadthalle Gershwin als Klavierkomponisten und Songschreiber vor.

Der erste Teil des Abends stand im Zeichen des Liedes, fast möchte man sagen des Kunstliedes, denn Mezzosopranistin Eva Vogel gestaltete eine Auswahl aus dem American Song Book mit sehr opernhaftem Gesang. Dies wirkte bei Gershwin natürlich etwas fremdartig, so dass das Publikum etwas Zeit brauchte, um sich in diese Interpretation einzuhören.

In dem flinken Refrain von „Sweet and Lowdown“ oder dem doppeldeutigen „Do it again“ entfaltete Eva Vogel schließlich auch die Lässigkeit, die für diese Stücke notwendig ist. Kraftvoller Begleiter am Klavier war Robert Levin, der bei jedem Song ein anspruchsvolles Piano-Nachspiel zu bewältigen hatte, bei dem die linke Hand eine hüpfende Begleitung spielte, während die rechte die Melodie mit starkem Anschlag in die Tasten hämmerte.

Pianistin Ya-Fei Chuang als feinsinnig-elegante Interpretin

Vorab war Robert Levin mit zwei Stücken von John Harbison und William Bolcom dem Einfluss Gershwins auf spätere Musikergenerationen nachgespürt und hatte gezeigt, dass Gershwin selbst in seinen Preludes den Songschreiber mit Liebe zu großen Melodien nicht verleugnen kann.

Auch die Taiwanesin Ya-Fei Chuang beschäftigte sich im zweiten Teil des Konzertes mit Preludes von Gershwin. War Levin der sportliche Unterhalter am Klavier, zeigte sich Chuang als feinsinnig-elegante Interpretin, die einen weichen und runden Gesamtklang bevorzugt.

Etüden von Earl Wild mit Chopin-Nähe

Hoch virtuos spielte sie die originellen 7 Virtuoso Etüden nach George Gershwin von Earl Wild. Hier findet keine harmonische Neudeutung von Songs wie „Liza“ oder „I got rhythm“ statt, sondern Wild poliert die Originale mit Klängen auf, die auch von Chopin hätten stammen können. So wurde „Embraceable you“ von wolkigen Arpeggien umweht.

Trotz der Chopin-Nähe der Wild-Etüden fügte sich Chopins Sonate Nr. 3 in h-moll nicht logisch in dieses amerikanische Programm ein. Keine Frage aber, dass Ya-Fei Chuang hier erneut eine großartige Leistung bot, das Scherzo rasant dahinperlen ließ und die Melodie des Largo in großen Bögen musizierte. Nach all den Gershwin-Songs dürfte sich mancher Hörer auch gefragt haben, ob nicht auch die eine oder andere wehmütige Chopin-Melodie von dem Amerikaner hätte stammen können?

Für das nächste Konzert gibt es nur noch Restkarten

Programmatisch für dieses Konzert, dass Gershwins Songs von verschiedenen Positionen beleuchtet wurden: Hatte Eva Vogel als Zugabe „The Man I Love“ gesungen, so erklang diese Melodie später auch als virtuose Etüde, von Ya-Fei Chuang musiziert, und die Taiwanesin bedankte sich schließlich bei den Zuhörern für die Bravo-Rufe, mit denen sie gefeiert wurde, mit „Embraceable you“, diesmal aber nicht als Virtuosenstück, sondern mit dem Original.

Das zweite Mülheimer Konzert in der Klavier-Festival Ruhr-Saison bestreitet die gebürtige Chinesin Yuja Wang, die heute in New York lebt. Da die Pianistin sehr beliebt ist, sind bereits viele Karten für die Veranstaltung am morgigen Donnerstag, 10. Mai, 20 Uhr, in der Stadthalle vergriffen. Restkarten (16 € bis 61 €) gibt’s u.a. im WAZ-Leserladen, Eppinghofer Straße 1 - 3.