Mülheim.

Was für Mädchen am Girls’ Day gilt, lässt sich auch auf Jungen übertragen – Gleichberechtigung für beide Geschlechter. Daher dürfen beim Boys’ Day auch die Männer zur Berufsorientierung in frauentypische Berufe hineinschnuppern.

Während sich die Schulkameradinnen an der Werkbank versuchen, hüten Jungen Kinder oder kümmern sich um die Gesundheit von Patienten. Im St. Marien-Hospital schauten 20 Schüler den Pflegerinnen und Pflegern bei ihrer Arbeit über die Schulter.

Bevor sich die Tür zur Intensivstation öffnet, müssen sich die Jungs ihre Hände desinfizieren. Lange Gänge, glattpolierter Boden, irgendwo piepst ein Gerät. Die Gruppe aus Schülern, Schwestern und Pflegern schiebt sich in den Behandlungsraum. Wiebke Rahmfeld hat 13 Jahre lang auf dieser Station gearbeitet, heute unterrichtet sie an der Pflegeschule, der Contilia-Akademie. Dort lernen übrigens derzeit 17 Frauen und nur 5 Männer den Beruf des Gesundheits- und Krankenpflegers. Neben dem Fachkräftemangel auch ein Grund, mehr Männer für den Beruf zu begeistern.

"Die Motorschiene war interessant"

Wiebke Rahmfeld winkt mit der Arm-Manschette. Georg (14) stellt sich als Versuchspatient zur Verfügung und lässt seinen Blutdruck messen. Auf dem Monitor blinkt’s rot. Stimmt was nicht? „Keine Sorge, das ist vollkommen gesund“, beruhigt Rahmfeld.

Damit hatten Jan, Yannick, Georg und Sebastian nicht gerechnet. „Der Beruf hat so viel mit Technik zu tun“, sagen die Schüler der Otto-Pankok-Schule. Gespannt hören die Vier zu. Fünf Stationen durchlaufen die Schüler in Vierergruppen, darunter auch die Dialyse, die Onkologie oder die Physikalische Therapie.

„Nachdem ich mir den Daumen gebrochen hatte und hier im Krankenhaus so gut betreut wurde, wollte ich die andere Seite mal kennen lernen“, sagt der 14-jährige Sebastian. Besonders spannend fanden er und seine Freunde die Physiostation und die vielen Geräte. „Die Motorschiene war interessant“, sagen sie. „Damit trainieren Kniepatienten ihre Muskulatur“, wissen sie. „Außerdem haben wir gelernt, wie ein Defibrillator funktioniert.“

Ein realistischer Eindruck

Interessant für einen Tag, aber für das ganze Berufsleben? „Man braucht auf jeden Fall viel Einfühlungsvermögen und Geduld“, rät Annik Simon, der im Oktober seine Ausbildung zum Pfleger angefangen hat und die Jungs nun beim Rundgang begleitet. „Eine harte Schale ist wichtig, schließlich sieht man Menschen sterben.“ Berührungsängste sollten angehende Pfleger auch nicht haben. Denn Bettpfannen leeren, das Waschen und Anfassen von Patienten gehört dazu.

Weiter geht der Rundgang auf die Dialysestation. „Wir behandeln hier 60 bis 65 Patienten, die an chronischem Nierenversagen leiden“, sagt Stationsleiter Bernhard Scherb. Am Apparat erklärt er, wie eine künstliche Niere arbeitet und diese dreimal in der Woche für bis zu sechs Stunden die Aufgabe der Organe übernimmt. Die Schüler dürfen an eines der Betten herantreten und sich die rotierende Maschine genauer ansehen. „Unsere Aufgabe besteht darin, Gefäße chirurgisch vorzubereiten, Monitore zu überwachen und natürlich Patienten mit Essen und Trinken zu versorgen“, sagt Bernhard Scherb. Die Schüler sind beeindruckt.

Ob die Jungs sich nun vorstellen könnten, Pfleger zu werden? „Warum nicht“, meint Sebastian. „Lieber Arzt“, findet Yannick. So oder so – nun haben sie einen realistischen Eindruck gewonnen.