Mülheim. .
Die Friedenspflicht endet nach dem 1. Mai. In der Woche darauf, kündigte der IG-Metall-Vorsitzende und neue DGB-Kreisvorsitzende Volker Becker-Nühlen an, werde man in der Metall- und Elektroindustrie zu Streiks aufrufen, in Mülheim werden rund 8000 Arbeitnehmer betroffen sein, und der Warnstreik soll an der Ruhr am 8. Mai erfolgen.
„Wir haben keine Bewegung in den Verhandlungen“, klagt Becker-Nühlen und sieht den größten Konfliktpunkt darin, dass die Arbeitgeber nicht bereit seien, Auszubildende nach Lehre unbefristet zu übernehmen. „Die Unternehmen brauchen doch die jungen Leute als Fachkräfte“, sagt der DGB-Chef und verweist darauf, dass die wirtschaftliche Lage der Unternehmen in Mülheim derzeit „außerordentlich gut“ sei. „Die Auftragsbücher sind voll, teilweise bis in den November hinein.“ Natürlich geht es auch um Geld: 6,5 Prozent mehr Lohn werden gefordert.
"Gute Arbeit für Europa"
Die traditionelle Maikundgebung findet diesmal auf dem Kurt-Schumacher-Platz statt, zuvor zieht ein Demonstrationszug von der Wiesenstraße dorthin. Als Redner konnte der DGB in Mülheim den stellvertretenden Bundesvorsitzenden der IG Bau, Dietmar Schäfers, gewinnen. Das Motto lautet in diesem Jahr: „Gute Arbeit für Europa. Gerechte Löhne/Soziale Sicherheit“.
Um Europa macht sich der DGB große Sorgen. Was die Griechen erlebten und jetzt auch die Spanier, könne zeitversetzt den Deutschen passieren, ist Dieter Hillebrand, Vorsitzender des DGB in den MEO-Städten überzeugt. „Wir leben auf keiner Insel. Auch Deutschland ist extrem verschuldet.“ Nur die gute Wirtschaftslage verhindere Schlimmeres. Überall in Europa nehme die Armut zu, auch in Deutschland. Jedes vierte Kind wachse hier in Armut auf. 16,5 Millionen Menschen hätten in Europa in den vergangenen Jahren ihren Arbeitsplatz verloren. In Spanien sei jeder Zweite unter 25 Jahren arbeitslos. „Es gibt großen sozialen Sprengstoff in Europa, und wir stehen dabei nicht außen vor“, warnt Hillebrand.
Europäischer Marshall-Plan für Wachstum
Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa hält der DGB für ein Gebot der Stunde, ein europäischer Marshall-Plan für Wachstum und Beschäftigung müsse her, das Lohndumping abgeschafft werden. 8,5 Millionen Menschen arbeiteten in Deutschland unter dem Mindestlohn von 8,50 Euro, prangert der Gewerkschaftsbund an und rechnet mit einer dramatisch zunehmenden Altersarmut, wenn sich dies nicht ändere.
Auf der Tagesordnung bleibt der Kampf gegen die Rente mit 67. „Abschaffen“ lautet das Ziel. Und: „Wir brauchen ein Umdenken bei der Erwerbsminderungsrente.“ Wer sich 35, 40 Jahre kaputt gearbeitet habe und nicht mehr könne, dürfe nicht nach Hartz IV abstürzen.
Der Vorsitzende des Metallverbandes Ruhr-Niederrhein, Wim Abbing, spricht von „unverträglichen“ Forderungen der IG Metall. „Die Gewerkschaft überzieht. Ich warne davor, dass die Leistungsfähigkeit der Unternehmen überfordert wird.“
Forderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn
Neben der Forderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn kritisiert Abbing die Forderung nach einer Übernahme-Garantie für alle Auszubildenden. Die Metall- und Elektroindustrie bilde seit Jahren über Bedarf aus, so Abbing. Allein in NRW würde jeder dritte Betrieb mehr junge Menschen ausbilden, als er benötigt.
Die Arbeitgeber würden ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht, eine Übernahme-Pflicht setze genau das unnötig aufs Spiel, mahnt der Vorsitzende. Zudem sei die Jugendarbeitslosigkeit so gering wie seit Jahren nicht mehr. „Wer eine Ausbildung in unserer Branche absolviert hat, findet in der Regel einen festen Arbeitsplatz oder studiert.“ Eine Job-Garantie ist aus Sicht der Arbeitgeber eine „Motivationsbremse für Auszubildende“.
Als Vorsitzender des Metallverbandes Ruhr-Niederrhein vertritt Abbing rund 100 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Mülheim, Duisburg, Oberhausen, am Niederrhein und im westlichen Münsterland.
Mai-Kundgebung