Mülheim.

Das Bildungs- und Teilhabepaket gehört abgeschafft“. Diese Forderung der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in NRW stößt sowohl bei den hiesigen Wohlfahrtsverbänden als auch bei der städtischen Sozialagentur auf Unverständnis. „Es mag sein, dass sich das Paket in anderen Gemeinden nicht bewährt hat und zu wenige Eltern davon Gebrauch machen, in Mülheim ist das nicht so“,sagt Hartwig Kistner, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Mülheimer Wohlfahrtsverbände.

Zur Erinnerung: Das von der Bundesregierung eingeführte Leistungspaket soll Kindern sozial schwacher Familien auf unterschiedlichen Ebenen helfen. Sie können Zuschüsse für Lernförderung und zum Mittagessen in Schulen beantragen, Zuzahlungen bei Tages- und Klassenfahrten sowie für die Teilnahme an Sport- oder Kulturangeboten. Die NRW-Spitzenverbände beklagen, landesweit würden weniger als die Hälfte der Berechtigten überhaupt einen Antrag stellen. Die Gründe: mangelhafte Information sowie ein zu kompliziertes Antragsverfahren. Zudem fühlten sich Eltern oft als Bittsteller.

„Die Zahlen sind hier besser“, sagt Kistner. Schulen, Sozialagentur und Verbände arbeiteten eng zusammen. Allerdings könnte eine Vereinfachung der Antragstellung nicht schaden. Eine Verlängerung der halbjährigen Laufzeit würde es den Eltern ebenfalls einfacher machen.

„Das mit der halbjährigen Laufzeit hat der Gesetzgeber so vorgesehen. Wir reagieren aber darauf, indem wir die entsprechenden Formulare bei den Anträgen, die man für den Bezug von Hartz IV ausfüllen muss, immer automatisch mit beilegen“, sagt der Leiter der Sozialagentur, Matthias Spies. Eine längere Laufzeit käme auch der Stadt sehr gelegen. „Das würde uns viel Geld sparen.“

Kinder brauchen nicht automatisch Lernförderung

Von den etwa 7500 Kindern und Jugendlichen, für die Eltern im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets Ansprüche geltend machen können, sei für 65 Prozent auch ein Antrag oder mehrere Anträge gestellt und bewilligt worden, so Spies. Im Bereich der Hartz IV-Empfänger seien es sogar 70 Prozent, im Bereich derjenigen, die Leistungen aufgrund einer Erwerbsminderung erhalten, seien es 15 Prozent. Man müsse aber auch bedenken, dass es für Mülheim-Pass-Inhaber bereits etliche Vergünstigungen zum Beispiel bei Angeboten von Kulturveranstaltungen und Sportvereinen gebe.

Insgesamt gab es bislang 8000 Anträge: 2300 bezogen sich auf Zuschüsse fürs Schulmittagessen, 2000 für Ausflüge, 1945 für die Teilnahme an Sport- und Kulturangeboten. Mittel zur Lernförderung – Stichwort Nachhilfe – wurden 765 mal beantragt. „Man sollte, was den Lernförderbereich betrifft, auch immer beachten, dass nicht automatisch jedes Kind, das aus einer sozial schwachen Familie kommt, auch einen Bedarf an Lernförderung hat“, sagt Spies.

Die Forderung der NRW-Spitzenverbände, statt des Bildungs- und Teilhabepakets mehr qualifiziertes Personal in Kitas einzustellen sowie mehr Sozialarbeiter, und grundsätzlich ein kostenloses Mittagessen in den Schulen anzubieten, hält er aus finanziellen Gründen für undurchführbar. „Das würde zu teuer.“

Wer hat Anspruch?

Das Bildungspaket unterstützt Kinder und Jugendliche, deren Eltern leistungsberechtigt nach dem SGB II sind (insbesondere Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld), Leistungen nach Paragraph 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), Sozialhilfe, einen Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen.

Auch wer Leistungen nach Paragraph 3 AsylbLG bekommt, kann einen Anspruch auf die Leistung haben. Mit dem Bildungspaket können Lernmaterialien und Beförderungskosten beim Besuch einer weiterführenden Schule bezuschusst werden. Eine qualifizierte Lernförderung wird ermöglicht, wenn Kinder und Jugendliche in der Schule nicht mehr mitkommen.