Verkehrsumbau in der Mülheimer Altstadt stößt auf Kritik
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Mülheim. .
Der Mensch, so sagt man, ist ein Gewohnheitstier. Wie schwierig es ist, Fußgänger und Autofahrer von eingefahrenen Wegen abzubringen, zeigt sich derzeit mehrfach in der Mülheimer Innenstadt.
Leidiges Thema schlechthin ist sicher die neue Verkehrsführung in der Innenstadt. Am Berliner Platz, auf der Schloßbrücke, an der Schollenstraße staut sich täglich der Verkehr, weil die von der Stadt mit dem Projekt „Ruhrbania“ erdachte Verkehrsführung von den Autofahrern nicht angenommen wird.
Eigentlich, und das war die große Idee hinter dem Verkehrsumbau, sollte der Durchgangsverkehr von West nach Ost, von Nord nach Süd und umgekehrt um die Stadt herum gelenkt werden, über den Tourainer Ring und die Nordbrücke. Doch viele Mülheimer fahren weiter die eingefahrenen Wege. Direkt in den Stau hinein.
Verwirrung und Unmut
Dieser Tage sorgt auch ein Verkehrsprojekt in der Altstadt für Verwirrung und Unmut. Werner Lukaschewsky hat von seinem Balkon besten Blick auf die T-Kreuzung, wo Muhrenkamp und Pastor-Jakobs-Straße aufeinandertreffen. Und was er da unten sieht, ist für ihn „der allergrößte Unsinn“. Gemeint ist „Shared Space“, das Projekt, das in vier Foren von Stadt und Bürgern entwickelt wurde, das für viele die rettende Innovation für eine schönere Altstadt ist.
„Shared Space“ bedeutet „geteilter Raum“. Es gibt keine Bürgersteige, keine Fahrbahn, nur Platz für alle. Eben das ist für Werner Lukaschewsky Unsinn: „Dass es keine Bürgersteige gibt, stimmt nicht.“ Er verweist auf die unterschiedliche Pflasterung der Seiten und der Mitte, die Abgrenzung dazwischen. „Die Fußgänger gehen automatisch am Rand“, sagt Lukaschwesky – und behält beim Ortstermin am Dienstagmittag Recht.
Mülheim und Ruhrbania von oben
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Auch Friedrich Klauer ist die Shared-Space-Idee wohl suspekt. In einem offenen Brief moniert er, dass „die Straßenplanung nur an die Autos gedacht hat“ und sieht die „Verkehrssicherheit für Fußgänger nicht gewährleistet“, weil die an einer Stelle den „Bürgersteig“ verlassen und auf der „Straße“ gehen müssten. Ein Beet ist dieses Hindernis.
Balance-Akt an Steinbegrenzung
Werner Lukaschewsky beobachtet regelmäßig, wie Fußgänger über die Erde laufen, ein junger Mann balanciert Dienstag gar über die Steinbegrenzung, um nicht auf die „Fahrbahn“ zu müssen. Auf der sind die Autos übrigens sehr flott unterwegs. Die blauen Schilder, die den Muhrenkamp als verkehrsberuhigten Bereich, in dem mit 7 km/h Schrittgeschwindigkeit gilt, ignorieren die meisten. Zudem reihen sich rechts und links hinter der Einmündung zur Pastor-Jakobs-Straße die abgestellten Autos auf – obwohl dort nun Parken verboten ist.
„Wir erleben gerade den Unterschied zwischen Theorie und Praxis“, so Hartmut Baumgart, Abteilungsleiter Straßen- und Verkehrsplanung der Stadt. Ihm sind die Falschparker, die eine Verkehrsgefährung seien, bereits aufgefallen: „Die Kollegen vom Ordnungsamt sind informiert. Wer dort parkt, ist Knöllchen-gefährdet.“
Mülheims gefährlichste Kreuzungen
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Auch kann der Verkehrsplaner verstehen, dass die Vertiefungen innerhalb der Pflasterung als „Zonierung“, als Abgrenzung zwischen Gehweg und Fahrbahn wahrgenommen werden könnten. Doch dem sei nicht so: „Das sind wasserführende Rinnen. Die brauchen wir, um Wasser abzuleiten. Jeder kann überall gehen.“ Shared Space, betont er, habe man gemeinsam mit Bürgern auf den Weg gebracht, zu den Planungen seien alle eingeladen gewesen, auch die Politik habe dieses Konzept gewollt. Das Geforderte, Geplante werde nun lediglich umgesetzt.
Dass dies Bürgerwille sei, lässt Lukaschewsky jedoch nicht gelten und unterstellt, dass die 30 bis 50 Menschen, die jeweils an den vier Bürgerforen teilnahmen, gar nicht wussten, was sie da planten: „Den Leuten wurden Zeichnungen vorgelegt. Wer kann auf denen schon erkennen, wie es später wird?!“
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