Mülheim. .
Konkretisierungsphase – so war der vorletzte Tag der Bürgerbeteiligung im Mülheimer Forschungsprojekt „Innovationen für Innenstädte“ überschrieben. Auf dem Boden, an den Wänden, an Stehtischen oder sitzend im Schaufenster des „Wertstadt“-Büros am Fuße der Schloßstraße hockten und standen Planer und Bürger, diskutierten, sortierten die Vorschläge der Mülheimer zur Entwicklung ihrer Innenstadt. Entstehen sollte bis heute eine Zukunftscollage für die Innenstadt. Sie wird so bunt sein wie die Bürgerschaft, die diese Stadt (er)leben will.
Kauf- oder Freizeithof
Komplettabriss, Abriss in Teilen, mit dezentem Neubau oder doch die große Alternative Stadtpark? Die Bürgermeinung kennt alle Extreme, tendiert aber dahin, den Kaufhof a) in seiner jetzigen Wucht als Barrikade auf dem Weg zur Ruhr zu sehen, der b) künftig in einen Ort zu verwandeln ist, der mehr Begegnung und Freizeitattraktivität fördert statt bloßen Kommerz. Vorschläge gibt es für ein multikulturelles Kaufhaus oder eine Markthalle im alten Teil des Gebäudes. Auch die Umwandlung in ein Unperfekthaus nach Essener Vorbild oder der Bau eines Hundertwasserhauses an Ort und Stelle sind Wünsche.
Lebendige Parkhäuser
Charette-Woche zur Innenstadt
Auch beim Kaufhof-Parkhaus schwankt die Bürgermeinung zwischen Abriss, sofortiger Wiedereröffnung oder Umbau. Die Umbau-Fans stellen sich etwa in den unteren Geschossen weiter öffentliche Parkflächen vor. Oben soll Wohnraum geschaffen werden, auf dem Dach ein attraktiver Aufenthaltsort: mit Sonnenbaden auf einem Stranddeck, mit Cafés und Bars oder gar mit Fußballfeld und Veranstaltungsbühne.
Hin zur Ruhr
Offenbar steht Ruhrbania-Architekt Matthias Pfeifer recht alleine da mit der Meinung, dass der Kaufhof den Weg zur Ruhr nicht blockiert. Bürger sehen das anders. Auch die viel befahrene Schollenstraße wird als Hindernis gesehen. Vorschlag: entweder den Verkehr hier komplett rausnehmen oder das umsetzen, was zurzeit unter dem Titel „Shared Space“ in der Altstadt angegangen wird: die Dominanz des motorisierten Verkehrs auflösen. Einen verkehrsberuhigten Raum schaffen, in dem Fußgänger, Rad- und Autofahrer gleichberechtigt sind.
Stadtmarken setzen
Wo fängt die Innenstadt an, wo hört sie auf? Es ist am Gesamtbild zu arbeiten, ist ein Ergebnis der Bürgerbeteiligung. Stadtmarken sind zu setzen. Designer Hermann Rokitta hat wieder Eindruck gemacht mit Ideen. Er hat ein Stadttor mit Café auf einem „Radport“ in die Debatte gebracht – aufgesetzt auf die alte Bahntrasse über der Friedrich-Ebert-Straße. Das Ensemble dort mit künftigem Radschnellweg Ruhr, Rathausmarkt und Bahnbögen ist ein Hort für kreative Wiederbelebung.
Jung und Alt
Viele ältere Mülheimer sprachen während der Charrette-Woche vor, die ihre Lebenserfahrungen und ihr Talent gerne in Innenstadt-Projekten an den Nachwuchs vermitteln wollen. Es gibt auch den Wunsch nach Angeboten für bestimmte Altersgruppen – ob nun Treffs für Menschen der Generation Ü 50 oder rein für Jugendliche und Kinder.
Und da wäre noch . . .
Ernst gemeint oder fixe Idee? Manchmal ist das in den notierten Vorschlägen nicht zweifelsfrei zu erkennen. Da fordert jemand eine Schwebebahn für Mülheim, ein anderer einen Urnenfriedhof im Kaufhof, eine Achterbahn, ein Schwimmbad mit Glaskuppe, eine Geister- oder Kartbahn. Auch Schlittenhunderennen auf den Radwegen könnten beleben, so ein Bürger. Und wer ein Alleinstellungsmerkmal sucht, wird vielleicht diese Idee reizend finden: den Kaufhof abreißen und dafür die größte innerstädtische Sanddüne der Welt aufschütten . . .
Und so endet am Freitag die Charrette Woche
Auch am letzten Tag der Bürgerbeteiligung öffnet die „Wertstadt“, Leineweberstraße 15-17, heute um 9.30 Uhr für Bürger ihre Pforten. Vorschläge: weiter willkommen. Die Stadtplaner wollen um 11 Uhr das vorstellen, was Ergebnis dieser Woche ist: eine Zukunftscollage zur Innenstadt. OB Dagmar Mühlenfeld will von 10 bis 12 Uhr vor Ort sein. Anschließend: Umtrunk.
Die Charrette-Woche auf Facebook: www.facebook.com/Charrette.Muelheim
Feierabend im Kaufhof