Mülheim. Einladungen zu Kongressen oder Workshops sind für Mediziner nicht ungewöhnlich. Hinter der Einladung, die Uwe Brock ins Haus flatterte, wittert der Mülheimer Internist anderes: Er stuft den zweistündigen Workshop in einem Duisburger Hotel als sittenwidrig und als Korruptionsversuch ein.

Der Internist Uwe Brock hat schon wieder eine Einladung zu einem Mediziner-Workshop erhalten, die er als sittenwidrig und als Korruptionsversuch wertet. 300 Euro Aufwandsentschädigung werden ihm dafür angeboten, dass er zu einer auf zwei Stunden angesetzten Veranstaltung diesmal im Grand City Hotel in Duisburg erscheint.

Es geht um neue Blutverdünnungsmittel zur Vorbeugung von Schlaganfällen. „Zu diesen Punkten interessieren uns Ihre Meinungen, Bewertungen und Vorschläge, um die aktuelle Diskussion zu vertiefen und zu objektivieren“, heißt es in dem Schreiben.

Der Justiziar der Ärztekammer Rheinland, Dirk Schulenberg, hatte einen für Donnerstag im Hotel Handelshof terminierten Workshop, zu dem mit einem gleichlautenden Schreiben eingeladen wurde, vor zehn Tagen als eindeutigen Verstoß gegen die Berufsordnung der Ärzte gewertet. Paragraph 32 regelt den Umgang mit Geschenken. Die dürften sich allenfalls im geringfügigen Bereich bewegen, wobei die Grenze bei maximal 50 Euro zu ziehen wäre. Schulenberg riet Medizinern dringend, die Veranstaltung nicht zu besuchen.

Es gehe nicht um Produktwerbung

Auch für Christiane Fischer, Sprecherin der Initiative „Mein Essen zahl’ ich selbst“ (Mezis), ein Zusammenschluss unbestechlicher Mediziner, ist die Sache eindeutig und kein Einzelfall. Brock bedauert, dass einige Kollegen noch nicht ausreichend sensibilisiert seien, um zu erkennen, dass sie das nicht annehmen können. Dies sei ihm in Gesprächen deutlich geworden, die er nach der ersten Berichterstattung geführt habe.

Ralf-Dieter Gröger, Geschäftsführer der einladenden und in Hildesheim ansässigen Firma Konzept Pharma Service, weist den Korruptionsvorwurf zurück. Diese Art von Workshops werde schon seit 15 Jahren praktiziert. Immer wieder sei der Vorwurf erhoben worden, ohne dass er sich erhärten ließ. Er versichert: „Wir haben das juristisch abgeklärt.“ Der Vorwurf sei stets erhoben worden, ohne zu wissen, was bei dem Workshop geschehe. Dabei gehe es nicht um Produktwerbung, sondern um die Erhebung von Daten und Einschätzungen.

"Das ist leicht verdientes Geld"

Es soll in Erfahrung gebracht werden, wie der Wert des neuen Verfahrens für den klinischen Einsatz eingeschätzt werde und das sei auch kein Deckmäntelchen. Der Zeitaufwand betrage durchschnittlich vier Stunden. „Dafür ist ein Stundensatz von 75 Euro gerechtfertigt. Das bekommt auch jeder Handwerker“, sagt Gröger und fügt hinzu: „Wer ethische Bedenken habe, kann uns sagen, an welche Einrichtung wir das Geld spenden sollen“.

„Das ist leicht verdientes Geld“, sagt Fischer. Für einen Notdienst bekommt sie 400 Euro, aber der beschäftigt sie elf Stunden.