Mülheim.
Ärzte würden sagen: Es sind Komplikationen aufgetreten. Dem Patienten geht es nicht so gut, die Fieberkurve steigt. Zwischen einer größeren Zahl niedergelassener Mediziner, die sich im Doc-Net zusammengeschlossen haben, und dem Evangelischen Krankenhaus ist es zu einem ernsthaften Konflikt gekommen.
Der Streit dreht sich um das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) am Ev. Krankenhaus. Niedergelassene Ärzte fürchten, dass durch dieses Zentrum in den ambulanten Bereich eingegriffen werde – zu ihren wirtschaftlichen Lasten. Der Konflikt gipfelt darin, dass sich eine deutliche Mehrheit der Niedergelassenen dafür aussprach, zeitlich befristet die Einweisungen von ausgewählten Patienten ins Evangelische Krankenhaus zu reduzieren, um dem Geschäftsführer dort, Nils B. Krog, deutlich zu signalisieren: So geht es nicht!
MVZ wird als "besondere Bedrohung" angesehen
Krog ist zugleich auch Geschäftsführer des MVZ und genießt beim Doc-Net nicht gerade das größte Vertrauen. Viele sind ihm gegenüber misstrauisch. Ihm wird vorgeworfen, ohne Absprache Kassensitze von niedergelassenen Ärzten aufgekauft zu haben, sie ins MVZ eingegliedert und somit einen weiteren Medizin-Markt in Mülheim eröffnet zu haben. Das MVZ in den Händen eines Krankenhauses wird als „besondere Bedrohung“ angesehen, da man den Abzug von eigenen Patienten und von Geldern fürchtet.
Medizinische Versorgungszentren gibt es seit vielen Jahren, sie wurden vom Gesetzgeber eingeführt, dienen der erweiterten ambulanten medizinischen Versorgung, Ärzte verschiedener Fachrichtungen arbeiten dort im Angestellten-Verhältnis. Ein bisschen erinnern sie an die Poli-Kliniken der DDR. Derartige Zentren machen jedoch nicht überall Sinn. So sah es auch Gesundheitsminister Daniel Bahr kürzlich bei einer Diskussion der Ärztekammer in Mülheim. Sie machten nur in medizinisch unterversorgten Regionen Sinn, so Bahr. „In Mülheim“, so der Arzt und Vorsitzende von Doc-Net, Dr. Peter Ramme, „ist ein MVZ daher nicht erforderlich.“ Der direkten Verbindung von Klinik und MVZ haftet aus seiner Sicht zudem ein „Geschmäckle“ an. Könnte man sich nicht gegenseitig ohne Kontrollmechanismus Patienten zuweisen? Ein Drehtüreffekt?
Es gehe um neue Rechtsformen
Ein klares Nein kommt da vom MVZ: Die Patienten kämen ausschließlich von niedergelassenen Kollegen, nicht vom Krankenhaus. Das MVZ nehme keinem einen Patienten weg und die befürchtete Einweisung vom Krankenhaus direkt zum Versorgungszentrum gebe es nicht: „Wir haben schließlich freie Ärztewahl“, betont Nils Krog. Es gehe um neue Rechtsformen, nicht um eine Änderung der medizinischen Versorgung.
Seit zwei Jahren gibt es das MVZ am Evangelischen Krankenhaus: Ein Labormediziner, ein Radiologe und zwei Gefäßchirurgen arbeiten dort. Krog sieht in dem MVZ eine gute Ergänzung zum Krankenhaus und zu niedergelassenen Ärzten. Die empfundene Bedrohung könne er zwar als subjektives Empfinden nachvollziehen, hält sie jedoch in jeglicher Hinsicht für unbegründet. „Eine Ausweitung des MVZ ist nicht mein Ziel“, sagt er. Dabei könnte er es. Allein im letzten Jahr seien ihm fünf Kassensitze angeboten worden.
Gute Versorgung für Mülheimer
Die Vorteile des MVZ am Krankenhaus sieht Krog in Synergieeffekten, so in einer bessere Geräteauslastung, in einer besseren Vernetzung von Daten und in einem Angebot für Ärzte, die lieber in einem Angestellten-Arbeitsverhältnis beschäftigt als selbstständig sein wollten. Zudem, so Krog, könne er über das MVZ Kapazitäten der Labormedizin auf dem Markt anbieten, als Krankenhaus könne er das nicht.
Heilung des Konfliktes möglich? Ziel sei es, und da sind sich beide Seiten einig, den Mülheimern eine sehr gute medizinische Versorgung anzubieten. Dies werde nur möglich sein, wenn alle Seiten eng zusammenarbeiteten.