Mülheim. .
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein hat auf Empfehlung ihrer Mülheimer Kreisstelle auf den Hausärzteschwund in Styrum reagiert und den dort verbliebenen vier Hausärzten per Sondergenehmigung höhere Budgets dafür zugesprochen, dass ihre Praxen nun von deutlich mehr Patienten aufgesucht werden.
Dies bestätigte auf Nachfrage dieser Zeitung KV-Sprecherin Karin Hamacher. In Styrum hatten im Jahr 2011 zwei von fünf Hausarztpraxen dicht gemacht. Rein rechnerisch teilen sich die verbliebenen vier Hausärzte (in drei Praxen) nun die Betreuung von rund 4250 Patienten; laut 21 Jahre alter Bedarfsplanung sollen in Mülheim eigentlich nur 2134 Einwohner auf einen Hausarzt kommen.
Verbleibende Praxen sind überlaufen
Dr. Kristina Okrasa (Kaiser-Wilhelm-Straße) und Dr. Helmut Hoersen (Oberhausener Straße) haben sich mit ihren Zulassungen im vergangenen Jahr Gemeinschaftspraxen in der Innenstadt angeschlossen. So hofften beide, kurz vor ihrem Ruhestand die Chancen zu erhöhen, ihre Praxis an einen Nachfolger vermittelt zu bekommen. Gemeinschaftspraxen liegen im Trend. In der Verwaltung lassen sich Kosten sparen, eine Vertretung ist leichter zu organisieren.
Viele Styrumer Patienten von Okrasa und Hoersen haben den Umzug nicht mitgemacht. Das merken die in Styrum verbliebenen Hausärzte. „Eines ist klar geworden: Die Patienten gehen nicht in die Stadtmitte, vor allem nicht die, die nicht mehr so mobil sind“, stellt etwa Dr. Udo Pfannkuch, der mit seiner Frau Anna eine Gemeinschaftspraxis an der Alvenslebenstraße betreibt, schleichend, aber mittlerweile doch ein deutlich erhöhtes Patientenaufkommen fest. „Es ist hier zurzeit sehr unruhig, es mischt sich alles neu.“ Nicht jeder Kollege in Styrum, so Pfannkuch, sei auch gewillt und in der Lage, noch weitere Patienten aufzunehmen.
Mülheim angeblich überversorgt mit Hausarzt-Stellen
Die Mehrleistung, die die Pfannkuchs und andere Styrumer Hausarzt-Praxen seit dem Wegzug ihrer zwei Kollegen erbringen, soll nun zumindest schneller als üblich auch abgegolten werden. Können Mediziner nach allgemeinem Verfahren eine Vergrößerung des Patientenstamms erst mit einem Jahr Verzug für eine Aufstockung ihres Budgets geltend machen, so hat die Kassenärztliche Vereinigung im Fall Styrum eine Sondergenehmigung erlassen. Wer dort durch nun spürbar mehr Patienten versorgt, kann nun sofort eine größere Zahl voll vergüteter Regelleistungen abrechnen (rund 37 Euro pro Patient und Quartal). Zwar werde mit dieser Ausnahmeregelung nur ein Teil des zusätzlichen medizinischen Betreuungsaufwandes abgedeckt, so Pfannkuch, doch sei man auch darüber schon froh.
Im Grunde erkenne die Kassenärztliche Vereinigung mit dieser Sondergenehmigung die hausärztliche Unterversorgung im Stadtteil an, so der dort praktizierende Arzt. Einen Mangel freilich will die KV nicht sehen. KV-Sprecherin Hamacher verweist darauf, dass bei der Bedarfsplanung stets die gesamte Stadt betrachtet wird. Bei einem für Mülheim und benachbarte Ruhrgebietsstädte anerkannten Bedarf von einem Hausarzt pro 2134 Einwohnern sei festzustellen, dass Mülheim mit 95,5 Hausarzt-Stellen gar überversorgt sei. Mit 121,8 % liege man über dem Soll.
Styrumer Vakuum
In Styrum, so Hamacher, könne man nicht von einem Notstand sprechen. Es gebe, anders als in ländlichen Regionen, Stadtteile und Nachbarstädte drumherum. Hausärzte seien deshalb in zumutbarer Entfernung und in ausreichender Zahl erreichbar.
Eine zumutbare Entfernung auch zu den Hausärzten benachbarter Stadtteile sieht auch Dr. Dorothea Stimpel, Vorsitzende der Mülheimer KV-Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung. Gleichwohl hatte sich die Kreisstelle für eine Sondergenehmigung für Styrumer Hausärzte eingesetzt. Weil es dort „ein Missverhältnis“ gebe. „Nun trägt man dem Rechnung, dass in Styrum ein Vakuum entstanden ist.“