Mülheim.
Lisanne Schaller ist ein gutes Vorbild, gar ein Vorzeigemädchen für jeden Betrieb. Die 18-Jährige macht nicht nur seit knapp drei Jahren eine Ausbildung zur Chemielaborantin im Max-Planck Institut (MPI) für Bioanorganische Chemie. Sondern nebenbei auch noch ihr Abitur an der Abendschule – beides absolviert sie mit Bestnoten.
Als Lisanne nach dem Realschulabschluss mit 16 Jahren ihre Lehre begann, hatte sie nur eine grobe Ahnung vom Periodensystem. Mittlerweile kann man sie als Profi der Elemente bezeichnen. Im weißen Kittel, mit Schutzbrille, Handschuhen und Pipette ausgestattet, hantiert sie in ihrem Labor mit metallorganischen Verbindungen. „Die sind so sauerstoffempfindlich, dass wir die Luft durch das Edelgas Argon ersetzen müssen“, erklärt Lisanne und schlüpft mit den Fingern in Gummihandschuhe. Ihre Arme steckt sie durch die Handschuhe in einen Kasten hinter einer Glasscheibe. In diesem sauerstofffreien Raum, einem „anaeroben Arbeitsplatz“, stellt sie aus chemischen Verbindungen neue Stoffe her – immer in Zusammenarbeit mit einer Doktorandin, bei der sie zurzeit lernt.
Energie aus erneuerbaren Energieträgern
Was für Laien kompliziert klingt, regt bei Lisanne die Neugier an. „Wir versuchen das aktive Zentrum von Enzymen, sogenannten Hydrogenasen, chemisch nachzubauen“, erklärt die 18-Jährige. Ziel ihrer Forschung ist es, Wasser in Sauerstoff und den Energieträger Wasserstoff aufzuspalten. So soll ein Verfahren entstehen, mit dem Energie aus erneuerbaren Energieträgern gespeichert werden kann.
Während ihrer Ausbildung hat Lisanne drei Bereiche des MPI durchlaufen: „Die Biologie, die elektrochemische Abteilung und die Präparative Synthese.“ Wo ihr die Arbeit am besten gefallen hat, kann sie schwer sagen. „In allen Abteilungen habe ich viel gelernt.“
Arbeiten mit Reagenzglas und Bunsenbrenner
Toll findet Lisanne aber, dass sie auf Gebieten forscht, die noch unbeschritten sind. „Wenn man mit chemischen Bausteinen arbeitet, weiß man nicht, was hinterher entsteht“, erklärt die Duisburgerin. Ist es dieser Pionier-Geist, der ihr gefällt? „Ein bisschen schon“, gibt sie zu. Und auch das liebt Lisanne an der Chemie: „Präzise und sauber zu arbeiten.“ Schließlich experimentiert sie häufig mit Milligramm-Mengen, die nicht größer sind als eine Bleistiftspitze. „Dafür braucht man ein ruhiges Händchen.“
Das Arbeiten mit Reagenzglas und Bunsenbrenner mochte sie schon in der Schule: Obwohl sie eine strenge Lehrerin hatte, bekam sie eine Eins. Auch die Ausbildung absolviert das sympathische Mädchen mit Bestnoten. Normalerweise dauert eine Lehre zum Chemielaborant dreieinhalb Jahre. Lisanne darf auf drei Jahre verkürzen. Denn die Ausbilder bescheinigen ihr eine hervorragende Arbeit. Und das trotz Arbeitstagen, die um 5 Uhr beginnen und wegen des Abendstudiums gegen 20.30 Uhr enden.
"Anstrengend, aber machbar"
Von den anderen Lehrlingen in ihrem Jahrgang sind die meisten älter, haben bereits vor der Lehre Abi gemacht. Lisanne hatte Chemie nur ein Jahr lang in der Schule. Am Anfang hatten die anderen daher einen Wissensvorsprung. Den hat Lisanne schnell aufgeholt. „Ich habe das als Herausforderung gesehen, genauso gut zu sein wie die anderen.“ Ihre letzte Prüfung schreibt Lisanne im Juni, einen Monat davor wird sie im Abitur geprüft. „Es ist schon anstrengend, aber machbar“, meint sie. Danach möchte sie erst einmal Urlaub machen, bevor es weiter geht. Ein neues Ziel hat sich Lisanne nämlich schon gesteckt. „Die Weiterbildung zur Technikerin.“ Dann darf sie in vier Jahren selbst ausbilden.