Mülheim. .

Wer früh weiß, wohin es im Leben gehen soll, ist klar im Vorteil und kann auf sein Ziel hinarbeiten. Jugendlichen, die das noch nicht wissen, hilft Kristina Vidas. Als Ausbildungscoach berät sie Schüler der Realschule Mellinghofer Straße – und zeigt ihnen mögliche Perspektiven fürs spätere Berufsleben.

Ihre Arbeit ist aber nur ein Teil einer umfassenden Berufsorientierung, die gerade Haupt- und Realschulen leisten müssen, um ihre Schüler in Ausbildung zu vermitteln. Seitdem Anna Grech weiß, welchen Job sie erlernen möchte, sieht sie Mathe nicht länger als Hürde, sondern als Herausforderung. „Kauffrau im Einzelhandel möchte ich werden“, sagt die 15-Jährige. „Das passt zu mir – ich bin freundlich, offen, kommunikativ.“

"Mülheimer Kompetenzagentur"

Dass sie heute so genau weiß, was sie will, verdankt sie der Beratung des U-25-Hauses, einer Einrichtung des Förderprogramms „Mülheimer Kompetenzagentur“. „Dort hat man mich gefragt, was ich mag, hat sich mein Zeugnis angeschaut und mich beraten“, sagt die 15-Jährige. Die Mitarbeiter des U-25-Teams helfen Jugendlichen, die es schwer haben, Ausbildungsplätze zu finden, akquirieren Unternehmen und vermitteln Bewerber. Mit Kristina Vidas hat das U-25-Haus nun eine Beraterin an der Mellinghofer Straße im Einsatz.

Dreimal in der Woche geht Vidas mit den Jugendlichen Bewerbungen durch, „wir schauen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und stellen Kontakt zu Betrieben her.“ Eingebettet ist dieses Angebot in ein Projekt namens „Berufsorientierungsbüro“, kurz BOB, das u.a. vom NRW-Schulministerium und mit Mitteln aus dem EU-Sozialfonds finanziert wird. „Dieses läuft bereits seit vier Jahren an unserer Schule und beginnt in Klasse acht“, erklärt Frank Michels, zweiter Konrektor der Realschule.

Bewerbungstrainings

Dazu zählt u.a. das Berufsvorbereitungscamp, in dem die Schüler ihre Fähigkeiten entdecken. „Wir durften als Friseure, Altenpfleger oder Handwerker arbeiten und in die Berufe schnuppern“, erzählt die 14-jährige Lea Hübel. Eine Analyse zeigt den Schülern im Anschluss, was ihnen liegt. Sie selbst erfahren so, was sie werden wollen – oder nicht. „Vorher dachte ich, dass mir handwerkliches Arbeiten liegt“, sagt Lea. „Jetzt weiß ich, dass ich eher etwas Soziales machen möchte.“ Neben Bewerbungstrainings oder Arbeitsgemeinschaften in lokalen Unternehmen können die Schüler zudem an Etikette-Seminar oder Kompetenzchecks teilnehmen.

Mit Kristina Vidas wird die Berufsvorbereitung zusätzlich verstärkt. Denn Zahlen belegen, dass auch Realschüler besondere Hilfestellung benötigen. „Im Jahr 2010 haben nur sieben Prozent der Realschüler nach ihrem Abschluss eine Ausbildungsstelle bekommen“, weiß Brita Russack, Leiterin des U-25-Hauses. Daher sei es an der Zeit, die Beratung nicht nur an Hauptschulen anzubieten, sondern auf Realschulen auszuweiten. Dabei wechselten etwa zwei Drittel der Realschüler nach dem Abschluss in die Oberstufe, weiß Schulleiterin Judith Koch. Der Rest des Jahrgangs besucht im Anschluss ein Berufskolleg, wo sich die Noten aber nur selten verbessern. „Für die meisten von ihnen wäre eine duale Ausbildung von Vorteil“, weiß Brita Russack.

Mit all diesen Angeboten hoffen Judith Koch und Brita Russack die Übergangsquote zu erhöhen, die Kinder gut für den Arbeitsmarkt aufzustellen. Bei den Hauptschülern habe die intensive Betreuung Erfolg gezeigt. Nach vier Jahren Arbeit sei die Quote der Absolventen, die einen Ausbildungsplatz bekommen haben von etwa 15 auf 32 Prozent gestiegen.