Mülheim..
Bernd Hermes lotst seinen Schützling in die richtige Richtung. Er hilft beim Bewerbungen schreiben, greift bei Problemen in der Schule unter die Arme oder hört einfach zu, wenn es Probleme im Privatleben gibt. Der 54-Jährige ist Lotse im Projekt „Ilja“ – Integration Lernbehinderter Jugendlicher in Arbeit. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein einfaches Konzept: Benachteiligte Jugendliche fit fürs Leben zu machen.
Zum internationalen Tag des Ehrenamtes am 6. Dezember stellt das Centrum für Bürgerschaftliches Engagement (CBE) ein Projekt vor, das selten im Fokus der Öffentlichkeit steht. Bei „Ilja“ engagieren sich sechs Ehrenamtliche, die sich als Lotsen um Jugendliche, die Förderschulen besuchen, kümmern, sie fördern und Hilfestellung geben auf dem Weg ins Berufsleben.
Bernd Hermes ist einer von ihnen. Sein Schützling M. besucht die neunte Klasse einer Mülheimer Förderschule und wird bereits seit einem Dreivierteljahr von Hermes betreut. „Da meine Töchter nun erwachsen sind, wollte ich gerne ein Ehrenamt übernehmen, bei dem ich meine Erfahrungen an Jugendliche weiter geben kann“, erklärt der Leiter der Sparkassen-Filiale am Berliner Platz.
Im Umgang mit jungen Menschen ist Bernd Hermes geübt, schließlich ist er auch für die Ausbildung der Banklehrlinge verantwortlich. Mit lernbehinderten Jugendlichen zu arbeiten, ist allerdings neu für ihn. Mit M. verstand sich der 54-Jährige auf Anhieb prima. „Die Chemie muss stimmen, sonst kann man kein Vertrauensverhältnis aufbauen.“ Denn auf diesem basiert die Arbeit mit den Jugendlichen. Einmal im Monat traf er sich mit dem 15-jährigen M., zunächst in der Schule, später auch an anderen Orten – sie näherten sich langsam, Schritt für Schritt an.
Ausgebildete Lotsen
Heute kennen sie sich gut, und Bernd Hermes weiß, an welchen Stellen es bei M. hakt, wo er motiviert oder gefördert werden muss. „Ich bin eine neutrale Person für ihn, von der er eher Ratschläge annimmt, als von Lehrern oder Eltern.“ Und: „Unser Ziel ist es, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.“ Einen Praktikumsplatz in einem Elektrogeschäft hat der Junge bereits. „Er möchte Lokführer werden“, verrät Bernd Hermes. „Wir haben uns informiert und herausgefunden, dass dafür eine handwerkliche Ausbildung erforderlich ist.“
Während ihres Engagements werden die Ehrenamtlichen nicht alleine gelassen. „Die Lotsen sind eingebunden in ein Netzwerk, das gemeinsam arbeitet: Lehrer, Berufsberater, Mitarbeiter der Kompetenzagentur oder andere Ansprechpartner“, erklärt CBE-Projektleiterin Julia Bledau. Zudem werden die Lotsen geschult: „Es gibt drei Fortbildungen, in denen die Ehrenamtlichen etwas über die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen lernen, über Lernbehinderungen und ihre Auswirkungen sowie über interkulturelles Lernen.“ Alle zwei Monate finden zudem Reflektionsabende statt, bei denen sich die Lotsen – eine Frau und fünf Männer – über ihre Erfahrungen austauschen können. „Auch das gehört zu einem guten Netzwerk.“