Mülheim. .

Bisher mussten die Kinder- und Jugendärzte nur Fälle von Masern an das städtische Gesundheitsamt melden. Nach der beschlossenen Änderung des Infektionsschutzgesetzes kommen künftig die Kinderkrankheiten Windpocken, Mumps, Röteln und Keuchhusten dazu.

„Das sind alles Erkrankungen, gegen die man vorbeugend impfen kann“, sagt Amtsarzt Dr. Dieter Weber. Seit über zehn Jahren müssen die Eltern bereits die Kindertagesstätten und Schulen informieren, wenn das Kind an Scharlach, Läusen oder einer entzündlichen Hauterkrankung leidet.

Die Einrichtungen melden die Erkrankungen dann an das Gesundheitsamt weiter. Die Kinder- und Jugendärzte begrüßen die neue Meldepflicht, betont Dr. Holger van der Gaag, der Obmann der Mülheimer Kinderärzte: „So können wir frühzeitig bei einem lokalen Ausbruch mit Impfungen das Schlimmste verhüten.“ Mit der aktuellen Gesetzesänderung solle festgestellt werden, „ob unser Impfprogramm erfolgreich ist und auch einen Effekt auf das Vorkommen der Erkrankungen hat“, erklärt Dr. Weber.

Typische Kinderkrankheiten

Noch sei der Startschuss nicht gefallen, offiziell werde die neue Meldepflicht erst, wenn sie im Bundesgesetzblatt veröffentlicht sei, doch van der Gaag sieht für die Kinder- und Jugendärzte kein Problem darin. Meldepflichtig sind bei den typischen Kinderkrankheiten derzeit nur die Masern.

Gegen Masern, Windpocken, Mumps und Röteln werden die Kinder üblicherweise zwischen dem 12. und 14. Lebensmonat zweimal im Abstand von vier Wochen mit einem Mehrfachimpfstoff immunisiert. Daher dürfte es diese Erkrankungen eigentlich gar nicht mehr geben. Etwa zwei bis fünf Fälle von Windpocken pro Jahr sieht van der Gaag noch in seiner Praxis.

Aber es besteht keine Impfpflicht hierzulande, die Impfrate ist nicht so hoch, wie gewünscht, und so sind es häufig die älteren Kinder, die nicht (mehr) über einen ausreichenden Impfschutz verfügen. „Bis zum sechsten Lebensjahr sind 95 Prozent der Kinder geimpft“, schätzt van der Gaag. „Danach geht es bergab.“

Zweimalige Impfung

Die Impfung gegen Keuchhusten, zum Beispiel, muss alle fünf Jahre aufgefrischt werden, nach dem 18. Lebensjahr wird dann noch einmal nach zehn Jahren geimpft. Nach der zweimaligen Impfung gegen die Masern ist keine weitere Auffrischung nötig, so Dr. van der Gaag. Gegen den Scharlach gibt es keinen vorbeugenden Impfschutz, erklärt er.

Kinder aus Migrantenfamilien, die erst später nach Deutschland gekommen sind, seien oft überhaupt nicht geimpft, weiß der Sprecher der Mülheimer Kinder- und Jugendärzte aus Erfahrung. Und dann gibt es noch jene Eltern, die Impfungen grundsätzlich kritisch gegenüber stehen und diese Behandlung für ihre Kinder ablehnen. Hier versuchen die Kinder- und Jugendärzte, Eltern durch Informationen davon zu überzeugen, dass eine Schutzimpfung sinnvoll ist. „Diese Eltern haben Angst, dass sie ihren Kindern mit einer Impfung schaden“, hat Dr. van der Gaag Verständnis, „obwohl es aber genau umgekehrt ist.“ Der Arzt ist überzeugt: „Der Nutzen einer Impfung übersteigt auf jeden Fall mögliche Nachteile.“