Mülheim. Robert Kunz, Geschäftsführer der Service- Wohnungsvermietungs- und Baugesellschaft (SWB) im WAZ-Interview.
Wenn es um schönes, hochwertiges Wohnen geht, ist meist von Hamburg oder München die Rede, warum nicht von Mülheim, vom Ruhrgebiet?
Robert Kunz: Ich glaube, dass nach wie vor die Qualität des Ruhrgebietes in vielen Köpfen noch nicht angekommen ist. Wer hier lebt, weiß, dass das Ruhrgebiet einiges zu bieten hat, unter anderem erstklassige Wohnlagen.
Vermehrt ist zu hören: Der Drang an den Stadtrand lasse nach, es gehe zurück in die Städte. Können Sie das bestätigen?
Kunz: Ja. Die Menschen sind in den 70er und 80er Jahren vor allem auch deshalb an den Stadtrand oder in ländliche Randgebiete gezogen, weil sie sich dort das Bauland leisten konnten. In der Stadt war es zu teuer oder es gab keine attraktiven Wohnflächen. Darauf haben die Städte reagiert und gezielt bezahlbare Flächen als Bauland ausgewiesen. Das 100-Häuser-Programm in Mülheim gehört dazu. Die einst wegzogen sind, sind heute älter, wollen zurück, wollen nicht mehr weite Wege fahren, wollen eine gute Infrastruktur mit Kultur, Ärzten, Gastronomie in der Nähe haben.
In ersten Städten stehen ganze Areale an Wohnungen leer. Und die Einwohnerzahl, auch in Mülheim, geht weiter zurück. Überrascht diese Entwicklung?
Kunz: Nein. Wir als SWB haben schon seit 2001 keinen Neubau mehr errichtet und wir haben auf diese Entwicklung hingewiesen. Vor dem demografischen Wandel hat man jedoch vielerorts die Augen verschlossen und weiter gebaut. Im Überangebot bleibt immer das übrig, was keiner will.
Aber Sie reißen nun auch ab, in Dümpten.
Kunz: Wir müssen ständig schauen, ob das Angebot ausreicht und angenommen wird. Wir nehmen jetzt durch Rückbau ein schlechtes Produkt vom Markt, das so nicht mehr verlangt wird. Wir haben in dem Hochhaus große Leerstände. Auf der anderen Seite investieren wir in viele Wohnungen, da Wohnungen in guter Qualität zu angemessenen Preisen unverändert nachgefragt sind.
Planen Sie weitere Abrisse von Hochhäusern?
Kunz: Mülheim ist in der glücklichen Situation, nicht, wie etwa Dortmund oder Essen, über so hochverdichtete Quartiere aus den 60er und 70er Jahren zu verfügen, die nur noch schwierig am Markt platziert werden können. Aktuell planen wir keine weiteren Abrisse.
Welche Anforderungen kommen auf die Wohnungsunternehmen zu?
Kunz: Die Produkte müssen weiter aufgewertet werden: seniorengerecht, barrierefrei. Das sorglose, betreute Wohnen gewinnt an Bedeutung. Da geht es auch um so einfache Dinge wie: Wer trägt mir die Kiste Wasser hoch, wer putzt für mich? Und wir haben zunehmend gesetzliche Auflagen zu erfüllen, allein in Sachen Energieeinsparung ist das sehr umfangreich.
Werden die Mieten steigen müssen?
Kunz: Das ist ein großes Problem. Das Produkt Wohnen wird durch gesetzliche Vorgaben immer teurer. Viele und auch hohe Investitionen können aber auf die Miete nicht umgelegt werden. Es wäre dann für viele auch nicht mehr bezahlbar. Es ist ein Investor-Nutzer-Dilemma. Die gesetzlichen Vorgaben kosten uns Geld, das uns an anderer Stelle fehlt, um mehr Wohnungen zu modernisieren, umzubauen, zusammenzulegen. Das ist schade, denn unser Ziel ist es ja auch, junge Leute, junge Familien zu gewinnen und in Mülheim zu halten.
Sind die Menschen prinzipiell bereit, für gutes Wohnen mehr Geld auszugeben?
Kunz: Gut werden immer Nischenprodukte gehen, Hochwertiges. Es gibt Leute, die gut verdienen, die einen hohen Komfort auch in Mietwohnungen wünschen und über zehn Euro für den Quadratmeter zahlen. Zielgruppe sind hier insbesondere die Best Ager. Auch die kaufen nicht unbedingt Wohneigentum. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Menschen in den Städten, die nur noch von ganz wenig Geld leben müssen. Die Mittelschicht, eigentlich unser Klientel, wird immer kleiner.
Erreichen Sie junge Leute, junge Familien?
Kunz: Wir bemühen uns intensiv darum. Ich denke insbesondere an Studenten und Auszubildende. Es werden sicher nicht alle Studenten eine eigene Wohnung in Mülheim suchen, aber etliche sicherlich.
Was fehlt aus Ihrer Sicht auf dem Mülheimer Wohnungsmarkt?
Kunz: Mülheim ist gut aufgestellt. Ruhrbania und Fachhochschule werden die Attraktivität nochmals verbessern. Und das in Arbeit befindliche Handlungskonzept Wohnen wird den Blick für alle Handlungsfelder schärfen.