Mülheim. .

Richard Grohsmann, von Beruf Sozialarbeiter, gehört seit Monaten zu den Köpfen der Initiative für Bildung. Seit Monaten kämpft er um den Erhalt des Hauptschul-Standortes in Eppinghofen und steckt nun in den Vorbereitungen für den Bürgerentscheid am 22. April. „Die Zeit ist günstig“, sagt er. Bürger seien mit vielem unzufrieden, auch in Mülheim, und die Bereitschaft, dies nicht hinzunehmen, steige. „Ich bin optimistisch, was den Bürgerentscheid angeht.“

Die Initiative, die sich bislang in erster Linie auf den Stadtteil Eppinghofen und die Innenstadt konzentriert hat und dort für das Bürgerbegehren einen Großteil der 13.000 Stimmen gesammelt hat, will sich in den nächsten Wochen stadtweit ausbreiten. „Wir werden überall die Vorteile dieser Schule darstellen, vielleicht auch plakatieren, vielleicht Handzettel verteilen“, erklärt Grohsmann. Es ist alles auch eine Frage des Geldes, das man nicht hat.

An Unterstützern mangelt es dagegen nicht. Die SPD gehört dazu. „Wir werden jedoch nicht vorne auf der Bühne stehen und mit dem Parteilogo winken“, sagt Parteigeschäftsführer Arno Klare. Die Bürger stünden im Vordergrund. Klare sieht in dem direkten Dialog eins zu eins den Kern des „Wahlkampfes“.

Keine Spur von Gleichgültigkeit

Von „Wahlkampf“ will Pfarrer Helmut Kämpgen nicht sprechen. „Wir haben nicht die Mittel für einen professionellen Wahlkampf“, sagt er. Ihm geht es darum, in den nächsten Wochen stadtweit die Botschaft zu verbreiten: Diese Schule ist gut, diese Schule wird dringend gebraucht, diese Schule bietet große Chancen, diese Schule bedeutet gerade an der Stelle Integration.

Die Zeit für Bürgerentscheide schätzt auch Pfarrer Kämpgen als gut ein: „Ich glaube, wir leben wieder in einer Zeit, in der die Menschen bereit sind, sich um ihre Angelegenheiten selbst zu kümmern.“ Keine Spur von Gleichgültigkeit. Er selbst sei überrascht gewesen, wie viele Menschen sich bei dem bisher gelaufenen Bürgerbegehren informiert hätten.

Das politische Vierer-Bündnis aus CDU, FDP, Grünen und MBI traf sich gestern Nachmittag zu einem ersten Strategiegespräch. Die vier Fraktionen hatten im Sommer vergangenen Jahres das Aus für die Hauptschule beschlossen, weil sie den Bedarf an Schülern für zwei Hauptschulen in Mülheim nicht mehr sehen. Die Hauptschule in Dümpten, die gute Arbeit leiste und sich baulich in einem guten Zustand befinde, reiche aus. Und: Die vier Fraktionen sind davon überzeugt, dass bei einem Erhalt der Eppinghofer Schule dort sechs Millionen Euro investiert werden müssten. Ein Betrag, den man nur so aufbringen könne, indem man anderen Schulen Mittel kürze oder streiche. Die vier Fraktionen wollen, so Annette Lostermann De Nil (Grüne), ihre Argumente eigenständig auf einem Bürger-Informationsblatt der Stadt darlegen, sie möchten auf der Homepage der Stadt ihre Argumente präsentieren, und man plane zahlreiche Aktionen, die noch genauer bestimmt werden müssten.

Bürgerpolitik für bessere Stadtentwicklung

Bürgerbegehren und Bürgerentscheide haben in Mülheim fast Tradition: Eines der ersten Bürgerbegehren richtete sich gegen die Schließung von Stadtteilbüchereien. Knapp scheiterten die Bürger, als sie gegen Ruhrbania votierten, knapp unterlagen sie bei dem Versuch, PPP-Projekte zu kippen. Beim Verkauf der Ostruhranlagen wurde das Begehren für unzulässig erklärt. Erfolgreich war man bei der Gegenwehr, Altenheime zu privatisieren. Und bei der Schließung des Styrumer Freibades schlug sich der Rat schließlich auf die Seite der Bürger, nahm die Entscheidung zurück. Das heutige Naturbad ist die Folge.

Lothar Reinhard von den Mülheimer Bürgerinitiativen sieht vermehrt Defizite in der repräsentativen Demokratie und glaubt, dass durch punktuelle Bürgerpolitik Stadtentwicklung besser und schneller verlaufen könne. „Wir hätten uns viele „quälende Prozesse“ erspart, wenn wir einen Bürgerentscheid zum Flughafen gemacht hätten: Schließen oder ausbauen?“

Dabei muss es aus Sicht der MBI nicht immer gleich ein Bürgerentscheid sein, um mehr Basisdemokratie zu erreichen. Die Abschaffung des Widerspruchsrechts für Bürger durch die frühere Landesregierung sei ein großer Fehler gewesen. Dies wieder rückgängig zu machen, wäre auch ein Schritt Richtung Basis.

Am Sonntag, 22. April, wird in 123 Abstimmungsbezirken entschieden. So viele Räumlichkeiten benötigt auch die Stadt und wird sich in den nächsten Tagen auf die Suche machen, unter anderem bei Kirchen nachfragen. 1000 freiwillige Helfer werden zudem benötigt, um den Bürgerentscheid zu begleiten. Stimmberechtigt sind Deutsche und EU-Bürger ab dem 16. Lebensjahr mit Wohnsitz in Mülheim. Bei der Kommunalwahl waren knapp 120.000 Bürger wahlberechtigt. Der Bürgerentscheid ist für die Initiative erfolgreich, wenn eine Mehrheit von mindestens zehn Prozent zustimmt.