Mülheim. . Rund 37.000 evangelische Christen in Mülheim und Kettwig sind am 5. März aufgerufen, ihre Presbyter zu wählen. Der Kreis der Wahlberechtigten wäre allerdings um gut 10.000 höher, wenn es denn in allen acht Gemeinden auch eine Wahl gäbe. Aber nicht in allen Gemeinden gibt es genügend Kandidaten. Ein Gespräch mit Pfarrer Justus Cohen.
Rund 37.000 Evangelische Christen in Mülheim und Kettwig sind aufgerufen, am 5. März ihre Presbyter zu wählen. Der Kreis der Wahlberechtigten (Gemeindemitglieder, die mindestens 16 Jahre alt oder, falls jünger, bereits konfirmiert sind) wäre allerdings um gut 10.000 höher, wenn es denn in allen acht Gemeinden auch eine Wahl gäbe. Gewählt werden kann aber nur in sechs, denn: Sowohl in der Vereinten Ev. Kirchengemeinde als auch in der Gemeinde Fliedner gibt es genau so viele Kandidaten wie Presbyteriumssitze. Die Gemeindemitglieder hätten also keine echte Wahl. Es mangelt also an Kandidaten. Über die Gründe, die Folgen und mögliche Veränderungen sprachen wir mit Justus Cohen, Pfarrer in der Vereinten Kirchengemeinde.
Gab es das schon öfter in ihrer Gemeinde, dass keine Wahl stattfand, weil die Zahl der Kandidaten und der Plätze identisch war?
Justus Cohen: Nein, das haben wir jetzt zum ersten Mal. Was es gab, war, dass wir einen Kandidaten mehr hatten und folglich einer nicht ins Presbyterium gewählt wurde. Auch das ist nicht erfreulich, denn dann sitzt man nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses mit der betreffenden Person zusammen, die sich fragt, warum gerade sie als einzige nicht gewählt wurde. Das möchte man auch keinem zumuten.
Woran liegt es denn, dass sich das Interesse zu kandidieren in Grenzen hält?
Cohen: Presbyter ist ein schwieriges Amt, vor allem für Neueinsteiger. Die finanzielle Situation der Gemeinden ist schwierig, man muss Verantwortung übernehmen, auch sagen, was nicht oder nicht mehr geht, wo gespart werden muss. Wir haben nicht gerade Zeiten, in denen Gemeindemitglieder den Presbytern auf die Schulter klopfen. Zudem sind diejenigen, die sich etwa mit Finanzen, mit Grundstücksfragen, mit der Erhaltung von Gebäuden auskennen – die Aufgaben des Presbyteriums umfassen weitestgehend solche Dinge – zumeist beruflich stark beansprucht. Um im Presbyterium wirklich mitarbeiten zu können, reicht es heutzutage nicht mehr aus, die Frauenhilfe zu leiten.
Die Vorstellung der Kandidaten
125 Männer und Frauen aus Mülheim und Essen-Kettwig kandidieren bei den Presbyteriumswahlen. Die Gemeinden laden ein, sie kennen zu lernen:
In Broich-Saarn am Sonntag, 15. Januar, Gemeindehaus Holunderstraße 5, nach dem 10-Uhr-Gottesdienst
In Heißen am Sonntag, 22. Januar, 11.30 Uhr, in der Friedenskirche, Humboldthain 8
Lukas: Sonntag, 22. Januar, 12 Uhr, Gemeindezentrum Oberheidstraße
In Markus am Sonntag, 22. Januar, 11 Uhr, Kirche am Springweg
In Kettwig am Sonntag, 15. Januar, 11.30 Uhr, im Anschluss an den Gottesdienst, Gemeindezentrum Stadtmitte
In Speldorf am Sonntag, 22. Januar, im Gemeindehaus Duisburger Straße 276, im Anschluss an den 10-Uhr-Gottesdienst
In der Vereinten am Sonntag, 15. Januar in der Kreuzkirche nach dem 11.15-Uhr-Gottesdienst, in der Christuskirche, nach dem 9.30-Uhr-Gottesdienst und in der Pauluskirche nach dem 11.15-Uhr-Gottesdienst. Am Sonntag, 22. Januar in der Kapelle nach dem 9.30 Uhr Gottesdienst und in der Petrikirche, nach dem 10-Uhr-Gottesdienst.
Die Presbyteriumswahlen finden am Sonntag, 5. Februar, statt. Wer an dem Tag aus wichtigem Grund verhindert ist, kann auch per Briefwahl mitentscheiden. Die Gewählten werden in Gottesdiensten am 4. Und 11. März in ihr Amt eingeführt. Weitere Auskünfte bei allen Gemeindepfarrern und den Presbyteriumsvorsitzenden (Kontaktadressen auf kirche-muelheim.de) oder per Mail unter info@kirche-muelheim.de.
Wenn sich die Zahl der Kandidaten nicht erhöhen lässt, wäre es da sinnvoll, die Zahl der Sitze zu senken, um den Gemeindemitgliedern wieder eine echte Wahl bieten zu können?
Cohen: Pro Pfarrstelle gibt es fünf Sitze im Presbyterium. Beim nächsten oder übernächsten Mal wird es weniger Pfarrstellen und folglich auch weniger Sitze geben.
Die Wahlbeteiligung hält sich bekanntlich in Grenzen. 2008 nahmen gerade mal 12,3 Prozent der Mülheimer teil. Wie wäre es, die Gemeindemitglieder nicht nur alle vier Jahre zur Wahl aufzurufen, sondern öfter mitentscheiden zu lassen? Das könnte einerseits die Presbyter entlasten, andererseits die Gläubigen mehr für die Belange ihrer Gemeinde interessieren.
Cohen: Ich habe ein Problem mit zu viel plebiszitären Elementen. Ich halte viel von Verantwortung und davon, dass man dafür auch geradezustehen hat.
Haben sie einen anderen Vorschlag?
Cohen: Eine stärkere Differenzierung, um so einen zielgenaueren Einsatz zu erreichen, der auch dem jeweilige persönlichen Interesse der Gewählten besser entspräche. Die katholischen Gemeinden haben einen Kirchenvorstand, der ist zuständig für Vermögen, Gebäude, Grundstücke und Personal und damit das höchste Gremium einer Pfarrei in Vermögensangelegenheiten, und einen Gemeinderat, der etwa für die seelsorgerischen und sozialen Belange zuständig ist.