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Wenn die kleinen Gemeindemitglieder in den Ferien gemeinsam auf Reisen gehen, wenn Jugendgruppe neue Projekte auf die Beinen stellen, wenn Senioren in Gesprächskreise debattieren, wenn Pfarrfeste stattfinden, wenn das Leben brummt in einer Kirchengemeinde, dann ist das fast immer dem ehrenamtlichen Engagement ihrer Mitglieder geschuldet.

Kirche, katholisch wie evangelisch, steht und fällt mit der Arbeit von unten, mit Einsatz der Menschen an der Basis, vor Ort. Doch genau dort werden die Reihen immer lichter. In den Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreis Recklinghausen stehen die Presbyter-Wahlen an, doch nur in fünf von 36 Wahlbezirken werden tatsächlich Wahlen stattfinden, überall sonst haben sich maximal so viele Kandidaten gemeldet, wie es Posten gibt. „Die Mehrzahl der Gemeinden macht deshalb die Wahl ohne Wahl“, erklärt Kirchenkreis-Sprecher Ulrich Kamien, „das ist in der Vergangenheit immer schon mal vorgekommen, aber so wenig wie diesmal waren es noch nie“.

Presbyteriums-Wahlen am 5. Februar

Zum Evangelischen Kirchenkreis Recklinghausen gehören zwölf selbstständige Kirchengemeinden in Datteln, Herten, Haltern, Marl, Oer-Erkenschwick, Recklinghausen und Waltrop. Der Kirchenkreis wurde schon 1907 gegründet und zählt derzeit etwa 112 000 Mitglieder. Damit ist er der drittgrößte in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Alle vier Jahre wird in den Gemeinden das Presbyterium gewählt. In diesem Jahr allerdings nur in den Wahlbezirken Haltern am See, Marl Mitte, Langenbochum, Scherlebeck und Recklinghausen Hochlar. Dort finden die Wahlen am 5. Februar statt. Wahlberechtigt sind alle Gemeindemitglieder ab 16 Jahren. Am 26. Februar werden dann in allen Gemeinden des Kirchenkreises die neue Presbyter eingeführt.

Immer schwieriger werde es, Menschen zu finden, die sich der Verantwortung und nicht zuletzt dem Aufwand des Amtes stellen wollen. Vor allem Aktive mittleren Alters seien schwer zu gewinnen: „Die Anforderungen im Berufsleben nehmen immer mehr zu, viele haben Familie und Kinder und müssen das alles irgendwie unter einen Hut kriegen“, weiß Kamien. Da bleibt nicht viel Zeit für ehrenamtliches Engagement, zumal der Job des Presbyters mit einer monatlichen Sitzung nicht getan ist. Da wird geplant, organisiert, verwaltet, Entscheidungen getroffen: „Eben alles, was das Gemeindeleben betrifft“, so Kamien. Wie viel Zeit der Einzelne in sein Amt stecken will und kann, steht trotz allem selbstverständlich nirgendwo in Stein gemeißelt.

Dr. Ulrike Preuß ist eine von den Unermüdlichen. Seit 20 Jahren ist die 59-Jährige in der Kirche aktiv: unter anderem als Presbyterin im Wahlbezirk Marl-Mitte, als Finanzkirchmeisterin in der Evangelischen Stadtkirchengemeinde Marl (ESM), in der Kreissynode. „Weil es mir Spaß macht, das ist eigentlich schon die Antwort“, erklärt sie, gefragt nach dem Motor ihres Engagements. Dass es gerade Jüngeren schwer fällt, Zeit für ehrenamtliches Engagement zu finde, versteht sie gut: „Es gibt Phasen im Leben, da sind einfach andere Sachen dran, Familiengründungen, Hausbau, oder berufliche Etablierung.“ Trotzdem: „Das Presbyterium, die Basis, ist wichtig und es ist wichtig, dass viele Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten mitmachen.“

Grund zur Panik besteht über dies nicht, denn immerhin melden sich nach wie vor genug Engagierte, um die Plätze im Presbyterium zu füllen: „Die Gremien sind in jedem Fall handlungsfähig und können sich an die Arbeit machen“, beruhigt Ulrich Kamien. Nur gewählt wird eben in vielen Gemeinden nicht mehr: „Und das ist einfach schade, weil es doch ein urprotestantisches Ding ist, dass Gemeindeleitungen aus der Gemeinde heraus gewählt werden.“ Dennoch, Unzählige engagieren sich, „und es ist gut, dass es so viele Ehrenamtliche gibt“, so Kamien.