Mülheim. Im Landtag bildet sich eine Mehrheit für die Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage: Was sagt man in Mülheim zur Düsseldorfer Trendwende?
Wenn es um die verkaufsoffenen Sonntage geht, ist weniger mehr. Das meinen zumindest SPD, Grüne und Linke im Landtag. Sie wollen 2012 das Ladenschlussgesetz (siehe Kasten) überprüfen und dahin ändern, dass es künftig nur noch maximal vier verkaufsoffene Sonntage pro Stadt und Jahr geben soll. Bisher können es vier pro Jahr und Stadtteil sein. Was sagt man in Mülheim zur Düsseldorfer Trendwende in der Sonntagsfrage?
„Das ist die absolut falsche Entscheidung, weil gerade die Stadtteile auf das Marketinginstrument der verkaufsoffenen Sonntage angewiesen sind, um sich zu präsentieren und zu positionieren“, kritisiert der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, Marc André Heistermann, die mögliche Gesetzesänderung. Er befürchtet, „dass man damit denen einen Bärendienst erweist, deren Schutz man sich politisch auf die Fahnen geschrieben hat, nämlich den inhabergeführten Einzelhandelsgeschäften.“
Als „Schritt in die richtige Richtung“, begrüßt dagegen der für den Einzelhandel zuständige Verdi-Sekretär Günter Wolf, die Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage. Denn sechs Tage pro Woche reichen nach seiner Ansicht, um einzukaufen, „weil die Leute ihre Euros sowieso nur einmal ausgeben können.“
"Intelligent auf das Jahr verteilen"
Gerade von kleinen Einzelhändlern, die ihr Geschäft selbst führen, weiß der Mann von der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft, dass sich verkaufsoffene Sonntage für sie kaum auszahlen, ihre knappe Freizeit aber weiter beschneiden. Ein solcher Einzelhändler ist der Buchhändler Michael Fehst aus Stadtmitte. Er meint: „Die Masse der verkaufsoffenen Sonntage macht es nicht. Man muss sie intelligent auf das Jahr verteilen und so verhindern, dass sich nicht alles verläuft.“
„Wenn das Wetter schön ist, läuft es auch bei uns ganz gut“, schildert Christa Schulz ihre Erfahrungen mit verkaufsoffenen Sonntagen. Diese sieht die Inhaberin eines Textilfachgeschäftes in der City eher als idealistische Werbung für die gebeutelte Stadtmitte, denn als geschäftliche Erfolgsgeschichte. Sie plädiert für einen Status quo der verkaufsoffenen Sonntage.
"Ich bin total dagegen"
„Wenn es weniger wird, bin ich dabei“, freut sich dagegen Stadtdechant Michael Janßen auf eine Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage. „Ich bin nicht total dagegen, aber ihre inflationäre Ausweitung hat mich schon massiv gestört“, sagt Janßen. Den Sonntag brauchen Menschen nach seiner Ansicht nicht, um einzukaufen, sondern auch jenseits seiner christlichen Bedeutung „als einen Tag der Ruhe und Entspannung, an dem man zu sich selbst kommen kann.“
In Broich, Speldorf und Dümpten haben die örtlichen Werbegemeinschaften derzeit gar kein Interesse an verkaufsoffenen Sonntagen. In Broich und Dümpten fehlt es, laut WIK und BIG, an einem gewachsenen Stadtteilkern mit einem gleichermaßen räumlich konzentrierten und breitgefächerten Branchenmix, der einen verkaufsoffenen Sonntag für örtliche Einzelhändler und Kunden anziehend und gewinnbringend machen könnte.
"Sinnvoll vor allem im Advent"
In Speldorf waren es die organisatorischen und rechtlichen Auflagen, die die Händler nach der Love-Parade-Katastrophe von Festen und verkaufsoffenen Sonntagen in Speldorf Abstand nehmen ließen. „Wir haben unser Geld lieber in Bänke, Blumenkübel und Weihnachtsbeleuchtung investiert“, sagt die Vorsitzende der Interessengemeinschaft Speldorfer Kaufleute, Andrea Fleck. Dennoch hält sie verkaufsoffene Sonntage grundsätzlich und vor allem im Advent für sinnvoll und will sie auch für die Zukunft in Speldorf nicht ausschließen.
Gut über das Jahr verteilen
Der Sprecher der Werbegemeinschaft Heißen, Röttger Meier auf der Nöllenburg und die Geschäftsführerin der Mülheimer Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft (MST), Inge Kammerichs sind sich darin einig, dass verkaufsoffene Sonntage den Stadtteilzentren nur dann die „Aufmerksamkeit verschaffen, die ihnen gut tut“, wenn sie „gleichmäßig über das Jahr verteilt werden.“
Der Geschäftsführer, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mülheim & Business, Jürgen Schnitzmeier glaubt, dass vier verkaufsoffenen Sonntage pro Jahr für eine Stadt von der Größe Mülheims „vielleicht zu wenig“ sein könnten. Er plädiert stattdessen für eine flexible Lösung, um stadtteil- und anlassbezogene verkaufsoffene Sonntage, etwa rund um örtliche Feste und Jubiläen zu ermöglichen.