Mülheim. .

Zu jeder vollen Stunde schwingen die Ritter im Fackelschein der Heerlager ihre Klingen. Es geht um Ehre, um Land, womöglich auch um die Gunst eine Edeldame. Rund um die Ringmauern zupfen Barden ihre Harfe, während Gaukler mit Fackeln jonglieren und Familien sich in Felle wickeln. Es dampft, es duftet und es dudelt – wie ursprünglich, wie romantisch! Vielleicht ist es diese besondere Atmosphäre, die die Broicher Schlossweihnacht so beliebt macht – und den mittelalterlichen Weihnachtsmarkt jedes Jahr wachsen lässt. An zwei Wochenenden tummelt sich jede Menge Fußvolk auf Schloß Broich.

„Strömt herbei, ihr Bürger von Mühlstein“, ruft Jeremias, der Gaukler, über den Hof. Er bläst so lange ins Horn, bis sich eine Menschentraube um ihn herum versammelt hat. Er jongliert, mit Bällen und mit dem Feuer. Die Zuschauer sind begeistert und spenden dem Unterhalter ihre Taler. Familie von Groddeck freut sich über das Programm, das auch für Kinder geeignet ist. „Es lohnt sich, mit den Kleinen hierher zu kommen“, meinen die Eltern Flor und Christian von Groddeck. Alondra (9), Isabel (7) und Michael (5) freuen sich auf die Märchenerzählerin Fabulix und wollen „auf jeden Fall das Krippenspiel sehen“.

Mittelalterliches Krippenspiel

Für dieses kommen die Besucher von weit her, es ist etwas Besonderes. Im Innenhof wird das mittelalterliche Krippenspiel wie im zwölften und 13. Jahrhundert aufgeführt – teilweise in althochdeutscher Sprache und Latein. Die Kleinen staunen nicht schlecht über Maria und Josef, die drei Könige und den Engel, der plötzlich über ihnen auf der Ringmauer auftaucht. „Der Besuch auf der Schlossweihnacht ist schon eine jährliche Tradition geworden“, verrät Patrick Christians, der mit seiner Mutter, seiner Verlobten, den beiden Kindern und seinem Neffen den Markt besucht. Dafür haben sich Patrick und Mutter Gudrun Christians selbst in mittelalterliche Gewänder gekleidet, lange schwarze Umhänge schützen vor der Kälte.

Broicher Schloß-Weihnacht

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„Wir selbst sind in der Mittelalter-Szene aktiv, wir lieben die Atmosphäre – die ist so herrlich anders“, finden sie. Ein solches Flair gebe es auf kaum einem anderen Weihnachtsmarkt. „Sonst findet man häufig nur billigen Kommerz.“ Hier werde der größte Teil der angebotenen Waren selbst hergestellt. „Außerdem herrscht nicht so ein Gedränge und Geschiebe wie auf anderen Märkten.“ Dafür ist die Familie extra mit dem Zug aus Krefeld nach Mülheim gekommen. Vor allem die Musikgruppe „Die Streuner“ möchten sie hören, „die Kinder freuen sich über die Märchenerzählerin“.

54 Stände

So viele Händler und Handwerker wie nie haben in diesem Jahr ihre Zelte aufgeschlagen. So wie Andrea Hofer, die das Handwerk der Brettchen-Weberei beherrscht. „Damit hat man vor tausenden von Jahren Gürtel oder Zaumzeug hergestellt.“ Ihre „Gewandkammer“ ist eine von insgesamt 54 Ständen, die rund ums Schloss aufgebaut sind. Es gibt Kräuter, Tierkrallen, Trinkhörner oder kuriose Knochen-Schnitzereien aus dem Keltenzelt.

Und: „Dieses Mal haben wir zum ersten Mal ein Heerlager aufgeschlagen“, erklärt Michael Cornély von der Gesellschaft für Burgenmarketing, der die Schlossweihnacht zusammen mit dem Mülheimer Stadtmarketing veranstaltet. Hier schlafen die Familien an zwei Wochenenden in ihren Zelten und verpflegen sich wie im Mittelalter. Während sie sich an Lagerfeuern die kalten Finger wärmen, tauchen hunderte von Kerzen und Fackeln den Markt bei Einbruch der Dämmerung in ein zauberhaftes Licht – vom dunklen Jahrhundert keine Spur.