Mülheim. .

Es dauert nicht lange, da fällt das böse Wort: Elfenbeinturm. Prof. Eberhard Menzel, Präsident der Hochschule Ruhr West (HRW), sagt es, als er erklärt, dass an „Hochschulen am meisten Innovation passiert“, diese aber oftmals dort bleibt. An seinen Hochschul-Standorten will er aber keine innovativen Theoretiker ausbilden, sondern praktische Innovation ermöglichen. Deshalb möchte die HRW „Gründerhochschule“ werden. Ein erster Schritt ist ein nun geschlossener Kooperationsvertrag mit den Startercentern der beiden Hochschulstädte Mülheim und Bottrop.

Vordergründig ist das Ziel der Kooperation schnell zusammengefasst. „Wir wollen dafür sorgen, dass die, die gründen wollen, auch gründen können“, sagt Prof. Eberhard Menzel. Master-Studenten, Wissenschaftliche Mitarbeitende und auch Professoren hat er vor allem im Blick.

"Es geht auch um Technik, Kosten; Vermarktbarkeit"

Denn der Hochschul-Präsident spricht aus Erfahrung, gründete er vor Jahren doch selbst mit einem Studenten ein Unternehmen, das – wenn inzwischen auch ohne Menzel als Geschäftsführer – bis heute erfolgreich besteht.

Dennoch gehen die Pläne der Hochschule und der ­Wirtschaftsförderer aus Mülheim und Bottrop darüber hinaus. „Wir wollen das unternehmerische Denken insgesamt fördern“, sagt Menzel. Künftig soll die „Betriebswirtschaft in alle Studiengänge wirken“. Ein Aspekt, der ­Mülheims Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier besonders wichtig ist: „Es geht bei der Gründung nicht nur um Technik, sondern auch um Kosten, um Vertrieb, um Vermarktbarkeit.“ Nicht jeder Student werde sich selbstständig machen, doch dieses Wissen mache ihn auch zu einem wichtigen Mitarbeiter – auch für ihn sei wichtig zu wissen: Was kostet das, was ich produziere?

"Wir sind keine klassische Gründerregion"

Die Startercenter als Beratungsstellen für Existenzgründer bilden die Basis der Zusammenarbeit. Nach der Unterschrift, sagt Paul Ketzer, Erster Beigeordneter der Stadt Bottrop, sei es wichtig, das Vereinbarte „mit Leben zu füllen“. Dabei haben die Wirtschaftsförderer die gesamte Region im Blick, die in diesem Bereich laut Jürgen Schnitzmeier noch „Nachholbedarf“ hat: „Wir sind keine klassische Gründerregion, was an den großindustriellen Strukturen liegt.“ Die bieten Arbeitsplätze, so dass viele oft gar nicht an Selbstständigkeit denken würden. „Jeder, der sich in der Region selbstständig macht, ist ein Erfolg für die Region“, betont auch Paul Ketzer. Immerhin sei es Alltag, in Bottrop zu wohnen und eine Firma in Mülheim mit Mitarbeitern aus dem Ruhrgebiet zu haben.

Dabei verweist Jürgen Schnitzmeier auf das „große Innovationspotenzial“, das mit den an der HRW gelehrten MINT-Fächern einhergeht. Daraus ergebe sich unternehmerisches Potenzial und Gründungen, die in mittelständische Unternehmen münden. Dazu, mahnt Professor Menzel, müssten in einer Stadt aber alle an einem Strang ziehen, „auch Banken und Investoren“. Die Voraussetzungen dafür scheinen gut: An der HRW läuft gerade das Berufungsverfahren für eine Stiftungsprofessur – Stifterin ist die Mülheimer Sparkasse.

Gründung im Jahr 2009

Im Frühjahr 2009 gründete das Land die Hochschule Ruhr West mit den Standorten Mülheim und Bottrop als eine von drei neuen MINT-Fachhochschulen. Im September 2009 starteten die ersten Studierenden in den Fächern Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen-Energiesysteme. Im Wintersemester (WS) 2010/2011 kamen Angewandte Informatik, Elektrotechnik und Betriebswirtschaftslehre hinzu. Seit dem WS 2011/2012 gibt es auch folgende Bachelor-Studiengänge: Energieinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau, Energie- und Wassermanagement.