Mülheim. . Der ADFC reagiert auf die Forderung des Automobilclubs. Für mehr Sicherheit auf den Straßen seien andere Schritte nötig.
Auf die vom Auto Club Europa geforderten Helmpflicht für Fahrradfahrer reagiert der ADFC mit der pointierten Gegenfrage: „Sollte ein Autoclub nicht eher eine Helmpflicht für Autofahrer fordern?“ Das ist nicht so abwegig wie es scheint, denn laut Angaben der Hannelore-Kohl -Stiftung sind Insassen von Autos die größte Risikogruppe für unfallbedingte Schädel-Hirn-Verletzungen.
So weist Burkhard Schmidt, der beim Radclub für Sicherheit zuständig ist, in einer Stellungnahme darauf hin, dass Kopfverletzungen bei Autofahrern häufiger vorkommen als bei Radfahrern. Schmidt, der selbst Helmträger ist, bezieht sich auf eine Münsteraner Studie, derzufolge 75 Prozent aller verunfallten Radler keine Kopfverletzungen erleiden.
Helme könnten nur bei geringem Tempo helfen. „Rein physikalisch können zwei Zentimeter Hartschaum gegen eine Tonne armiertes Blech wenig ausrichten“, sagt er. Schützen könnten Helme nur unter Idealbedingungen, wenn der Helm perfekt sitzt, das Gesicht oder die Halswirbelsäule nicht betroffen ist und das eigene Körpergewicht nicht zusätzlich schiebt.
Nutzen wird kontrovers diskutiert
Tatsächlich wird der Nutzen von Fahrradhelmen in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Da durch den Helm das Gewicht und der Umfang des Kopfes deutlich zunimmt, wirken auf die Wirbelsäule auch viel stärkere Kräfte, so dass bei einigen Unfällen das Verletzungsrisiko sogar zunehmen kann.
Käme eine Helmpflicht, wäre außerdem damit zu rechnen, dass viele Verkehrsteilnehmer nicht mehr auf den Sattel steigen und es für die verbleibenden Radfahrer im Straßenverkehr tendenziell unsicherer werde. Die Nachteile wären aus ADFC-Sicht höher als die Vorteile. Dennoch werde man nicht vom Tragen eines Helmes abraten. Das müsse aber freiwillig geschehen. Statt sich auf die umstrittene Schutzwirkung von Helmen zu verlassen, so Schmidt, sollten die Unfall-Ursachen effektiver behoben werden.
Nicht nach Ursachen gefragt
Dazu zählen verkehrssichere Räder, gute Radwege und mehr Straßen, auf denen die Autos langsamer fahren müssen. Den Zustand der Räder hatte auch der ACE thematisiert. Aber nicht nach den Ursachen gefragt. „Nicht selten wird aus Angst vor Diebstahl und Vandalismus die alte, defekte Möhre für die Fahrt zur Schule benutzt“, denkt Schmidt. Gute und sichere Abstellmöglichkeiten seien an den Schulen ebenso selten vorzufinden wie Ablagemöglichkeiten für Helme.
Bei Reparaturnachmittagen des ADFC an den Schulen sei ihm aufgefallen, dass bei vielen Eltern das Wissen fehlt, um den Zustand des Drahtesels einzuschätzen. Den Kindern würde außerdem oft die Praxis auf dem Zweirad fehlen. Der Appell, sich disziplinierter im Verkehr zu verhalten, dürfe sich nicht nur auf Radfahrer beschränken, da seien alle gefordert. In Richtung ACE sagt Schmidt: „Wer Verkehrssicherheit auf das Tragen von Helmen reduziert, erweckt den Eindruck, dass er die Unfallopfer zu Schuldigen machen will.“