Mülheim. . Die Bohrungen im wegen Bergschäden gesperrten U-Bahnhof Mühlenfeld dauern wohl noch zwölf Tage. An den anderen Haltestellen drohe jedoch keine Absackungsgefahr, so die Bezirksregierung. Unterdessen genießen die Anwohner der Hingbergstraße die Ruhe.
Das haben Anne und Dieter Rasche selten gehört: nämlich nichts. Das Ehepaar sitzt in der Essecke und kann es kaum glauben. „Diese Stille ist herrlich!“, findet Anne Rasche, die mit ihrem Ehemann an der Hingbergstraße 310 wohnt. Der Straßenabschnitt vor ihrem Haus wurde wegen der Tagesbruch-Arbeiten an der U-Bahn-Haltestelle Mühlenfeld gesperrt – weder Autos noch Motorräder fahren. Die Rasches werden wohl noch zwei Wochen lang die Stille genießen können.
Während es bei Rasches ruhig zugeht, bohren sich unter der Erde die Arbeiter durch dicke Betonschichten. „Aktuell haben wir drei Bohrungen angesetzt, die aber keine weiteren Hohlräume ergeben haben“, erklärt Dietmar Oesterle, Oberbergrat der Bezirksregierung Arnsberg und zuständig für Altbergbauschäden in ganz NRW. „Die Bohrungen werden erst einmal weiter gehen“, weiß der Experte. „Wir rechnen mit weiteren zwölf Tagen“, prognostiziert Nils Hoffmann, Sprecher der Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG). „Wir wollen sicher sein, dass keine Gefährdung mehr vorliegt, die Statik zu 100 Prozent gewährleistet ist.“
Ersatzbusse im Einsatz
Zwischen den Haltestellen Mülheim Hbf und Heißen/Kirche fahren Busse als Ersatz für die U18 über den Linienweg der NachtExpress-Linie NE3. Die Haltestelle Von-Bock-Straße kann nicht angefahren werden, als Ersatz dient die Haltestelle Oststraße. Die U 18 endet Heißen/Kirche und fährt von dort wieder zurück nach Essen. Ersatzbusse fahren weiter in Richtung Mülheim Hbf. An allen Haltestellen des gesperrten Abschnittes hat die MVG Informationen ausgehängt. Mehr zum Ersatzverkehr: www.mhvg.de, Telefon 0208/45 11 451.
Dafür muss über die gesamte Länge der Haltestelle probegebohrt werden. „Wir müssen die ganze Fläche untersuchen, unter allen zehn Stützpfeilern bohren, da diese gefährdet sein könnten“ , erklärt Dietmar Oesterle. Die Dauer der Arbeiten sei aber immer noch davon abhängig, was man unter der Erde finde. „Wenn wir auf Hohlräume stoßen, müssen diese sofort verfüllt werden.“ Solange bleiben die Eingänge der Haltestellen Mühlenfeld, Gracht, Christian- und Von-Bock-Straße sowie der Abschnitt auf der Hingbergstraße gesperrt. An den anderen Haltestellen drohe jedoch keine Absackungsgefahr, versichert Hoffmann. „Dort gibt es keine Flöze.“
Ruhe für die Anwohner
Zurzeit sei die MVG in Verhandlung mit privaten Busanbietern, um weitere Fahrzeuge im Schienenersatzverkehr einsetzen zu können. Denn: „Wenn die Arbeiten über die Herbstferien hinaus andauern, müssen wir mindestens zwei bis drei weitere Busse einsetzen, um den Ausfall der U-Bahn zu kompensieren und den Schülerverkehr stemmen zu können.“
„Die können sich ruhig Zeit lassen“, scherzen Anne und Dieter Rasche, der seine Lehre als Bergmann in der Zeche Wiesche absolvierte. „Wenn das Wetter schön wäre, würden wir die Ruhe auf dem Balkon genießen“, sagen die beiden. Immerhin habe der Verkehr an der Hauptstraße in den vergangenen Jahren immens zugenommen. Schließlich wohnt die Familie schon seit 1975 dort und hat auch den Bau der U-Bahn in den Siebzigern verfolgt. Heute nutzen sie die Bahn selbst oft, um in die Stadt zu fahren. An das Rauschen des Verkehrs haben sie sich längst gewöhnt. Besonders, seit es das Zentrum am Wiescher Weg gibt. „Nun ist es still – wir genießen das“, lacht Anne Rasche.
Angenehme Stille
Nicht so erfreulich dürften die Anwohner der ruhigeren Nebenstraßen rund um den Hingberg die Straßensperrung empfinden. Viele Autofahrer bemerken das Durchfahrverbot erst, wenn sie kurz davor halten müssen. Einige wenden wieder, die meisten nehmen die Abkürzung über den Parkplatz der Lebensmittelgeschäfte. Oder die Umleitungen über Nebenbank, Wiescher Weg oder Fichtestraße.
Anne Rasche stört sich nicht an den verdutzen Autofahrern, sie freut sich, dass sie nun nicht mehr nach rechts und links gucken muss, bevor sie die Straße überquert. Oder dass sie nun morgens vom Wecker und nicht vom Rumpeln der U-Bahn geweckt wird. Trotz des Lärms leben die Rasches gerne am Hingberg. „An die Stille könnte ich mich trotzdem gewöhnen.“