Mülheimer.
In vielen Mülheimer Unternehmen geht es familienfreundlicher zu als noch vor einigen Jahren. Das zeigt eine neue Studie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Vier Jahre sind viel Zeit zum Umdenken: Als 2007 die erste Studie zur „Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Mülheimer Unternehmen“ (pdf) vorgestellt wurde, war die Stadt „mit diesem Thema weit vorne“, wie Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld sagt. Inzwischen haben andere aufgeholt; die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist fester Teil der öffentlichen Debatte geworden. Das lässt sich auch an der nun veröffentlichten zweiten Mülheimer Studie ablesen. Doch die zeigt auch: Will man dem Thema gerecht werden, muss man nicht nur um-, sondern vielmehr weiterdenken.
Deutliche Fortschritte seit 2007
Wie bereits 2007 untersuchte Q:marketing die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Kooperation mit dem Unternehmerverband der Mülheimer Wirtschaftsvereinigung (UMW), der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Kreishandwerkerschaft für das Mülheimer Bündnis für Familie. Die Situation des Mittelstandes nahmen die Mitarbeiter der Marketing-Agentur dabei in den Blick und schrieben 602 Unternehmen an.
108 schickten einen ausgefüllten Fragebogen zurück. Diese 18 Prozent ließen aufgrund ihrer „guten Durchmischung“ jedoch Rückschlüsse auf die Mülheimer Struktur zu, wie Hanns-Peter Windfeder betont, der Vorstandsvorsitzender des UMW und Vorstand von bei Q:marketing gleichermaßen ist.
Bei der Auswertung der aktuellen Studie und dem Vergleich mit der von 2007 hat Windfeder deutliche Fortschritte ausgemacht. Einerseits sind das feste Strukturen, wie etwa Ansprechpartner in den Betrieben, die das Thema „Familienfreundlichkeit“ besetzen. Hatten 2007 noch ein Drittel der Betriebe einen Mitarbeiter mit diesem Schwerpunkt, sind es nun 56 %. Andererseits reagieren Arbeitgeber auf Erfordernisse des Alltags mit immer mehr Flexibilität: 94 % ermöglichen individuell vereinbarte Arbeitszeiten (2007: 85 %), und 91 % bieten Teilzeit an (2007: 80 %).
Rückkehr in den Job spart Geld
Zugleich macht Hanns-Peter Windfeder aber einige Handlungsfelder auf. Besonders wichtig ist ihm die Elternzeit, bei der er großen Handlungsbedarf sieht. Eine systematische Planung findet aktuell nur bei 44 % der mittelständischen Unternehmen statt, und Patenprogramme, bei der ein Mitarbeiter Elternzeitler auf dem Laufenden hält, existieren gar nur bei 6 % der Mülheimer Betrieben.
„Wir haben es noch nicht so kommuniziert, dass es als Instrument erkannt worden ist“, sagt Windfeder selbstkritisch. Das wolle man nun verstärkt tun, denn Planung und Paten brächten finanzielle Vorteile: „Wenn ein Mitarbeiter problemlos wieder in den Beruf findet, spart das Geld.“ Familienfreundlich bedeute also letztlich auch unternehmerfreundlich.
Aktuelle Studie berücksichtigt auch Oma und Opa
Eine Neuerung der Studie im Vergleich zu 2007 ist die Erkenntnis, dass „Familie mehr ist, als das Aufziehen von Kindern“, wie Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld es nennt. Familie umfasst eben nicht nur Kinder, sondern auch Oma und Opa. Deshalb wurden unter dem Punkt „Familienunterstützende Maßnahmen“ nicht nur der Bedarf an Tagesmüttern und Ferienbetreuung dem tatsächlichen Angebot gegenübergestellt, sondern auch Angebot und Nachfrage von Maßnahmen für pflegende Angehörige ermittelt.
Noch übersteigt bei letzterem das Angebot den Bedarf, doch das wird nicht so bleiben, sind Windfeder und Mühlenfeld sich sicher. Besonders in Mülheim, einer bekanntermaßen „alten Stadt“, werde die Zahl der Pflegenden zunehmen. Dass das neue Herausforderungen mit sich bringt, habe bereits die aktuelle Studie gezeigt. Windfeder: „Es wurde oft geäußert, dass Kinder aufzuziehen körperlich anstrengend ist.
Bei der Pflege von Angehörigen kommt eine psychische Belastung hinzu.“ Mit diesem Thema werde sich die Wirtschaft in Zukunft verstärkt beschäftigen müssen. Und bereits jetzt steht fest: Bei der nächsten Studie wird dieses Thema auftauchen. In vier Jahren.