Die Entwicklung ist gut, die Erwartung für 2011 noch besser. „Nur zur Euphorie gibt es noch keinen Anlass“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Unternehmerbandes Mülheimer Wirtschaft, Hanns-Peter Windfeder.

Er macht auch Sorgen aus – in der Wirtschaft und in der Stadt

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Die Lage. Die aktuelle Geschäftslage wird von den Unternehmen überwiegend als befriedigend bis gut eingeschätzt. Die Erwartungen für die nächstem sechs Monate sind „fast ausschließlich positiv“, so Windfeder. Deutlich positiv seien auch die Signale für den Arbeitsmarkt. „Wir gehen davon aus, dass ein hoher Prozentsatz der Unternehmen für das nächste Jahr die Einstellungen zusätzlicher Arbeitskräfte plant.“ Das könnten 20 bis 30 Prozent der Unternehmen sein. Allerdings: Das Niveau vor der Wirtschaftskrise sei noch nicht wieder erreicht. Große Investitionen, so Florian G. Schauenburg, stellvertretender Vorsitzender des Unternehmerverbandes Mülheim, seien vielfach aufgeschoben worden. Gerade der spezialisierte Mittelstand tue sich noch schwer.

Die Hürden. In Mülheim wird viel Hightech produziert, auch von einem Mittelstand, der weltweit aktiv ist. „Wir brauchen hervorragend ausgebildete Spezialisten und Facharbeiter“, so Schauenburg, und das sei nicht die Domäne der Zeitarbeit. Gerade hier erwartet man in Mülheim größere Schwierigkeiten. Zwei Drittel der Unternehmen rechnen schon bald mit einem Fachkräftemangel, und jeder zweite Betrieb sieht eine starke Überalterung der eigenen Belegschaft. „Wir müssen daher Beschäftigte nicht nur halten, sondern sie auch entwickeln, und wir müssen attraktive Arbeitgeber sein“, so Windfeder. Er plädiert zudem für weitere Hilfen für Jugendliche, um ihre Ausbildungsfähigkeit zu verbessern.

Gewerbegebiete. Der Unternehmerverband fürchtet, dass es auch in Mülheim zunehmend Konflikte bei der Erweiterung von Gewerbeflächen geben könnte, zumal sich bereits Widerstand gegen neue Wohngebiete regt. „Der große Sektor des produzierenden Gewerbes hat sich in Mülheim als segensreich erwiesen.“ Der gute Mix aus Industrie, Dienstleistung und Handel sei eine Stärke, die die Arbeitslosenzahl in Mülheim vergleichsweise niedrig halte. Jeder dritte Arbeitnehmer in Mülheim – 18 500 insgesamt – arbeitet im produzierenden Gewerbe.

Die Politik. Zufrieden sind die Mülheimer Unternehmer, dass die angepeilte Erhöhung der Gewerbesteuer geringer ausgefallen ist. Mit der Anhebung auf 480 Punkte könne man leben, heißt es. Geplant war ursprünglich ein bundesweiter Spitzensatz, mit dem die Mülheimer Firmen ihre Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr sahen. Schon jetzt appelliert die Unternehmerschaft an den Stadtrat, Konzepte für den nächsten Haushalt zu erstellen. Windfeder: „Es geht um die Frage, wie soll das neue Einsparprogramm in Mülheim aussehen, und zwar ohne Steuererhöhungen.“

Die Innenstadt. Die Leerstände in der Innenstadt bezeichnet der Unternehmerverband als erschütternd. „Wir halten die Entwicklung der Ruhrpromenade nach wie vor für das Schlüsselprojekt der nächsten Jahre“, sagt Windfeder. Man müsse leider viel Geduld aufbringen. Aber von dem Gelingen hänge die Zukunftsfähigkeit der Innenstadt entscheidend ab. Sollte Ruhrbania scheitern, bekäme die Innenstadt „riesige Probleme“. Mit Sorge blickt man auf die Entwicklung der Einzelhandelsflächen: Mit 300 000 Quadratmetern ist Mülheim einer der am großzügigsten ausgestatteten Einzelhandelsstandorte im gesamten Ruhrgebiet. Hat das noch Zukunft? Man müsse überlegen, so Windfeder, ob die Stadt mit der Schloß- und der Leineweberstraße zwei Einkaufsstraßen zukünftig überhaupt verkrafte.