Die Statistik belegt Yanka Schlitzers Aussage: „Je jünger ein Kind ist, desto eher holt es sich Hilfe im Nahbereich.“ Anders ausgedrückt: Kein Kleinkind geht in eine Beratungsstelle. Eher spricht es mit vertrauten Personen. Häufiger jedoch zeigen Kinder allein durch ihr Verhalten, dass sie etwas bedrückt. Dies gibt es richtig zu interpretieren. Deshalb bietet die Beratungsstelle für Schwangerschaft, Partnerschaft und Sexualität der Awo, die Yanka Schlitzer leitet, für Mitarbeiter/-innen von Mülheimer Familienzentren und Kindergärten eine „Fortbildung zur Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern“.

Vor 20 Jahren etwa, sagt Awo-Geschäftsführerin Adelheid Zwilling, war das Thema Tabu. Inzwischen ist „sexueller Missbrauch“ so ins gesellschaftliche Bewusstsein gerückt, dass man heute von „sexualisierter Gewalt“ spricht. Auch sprachlich deutlich machen, dass es keinen duldbaren „Gebrauch“ von Kindern gibt, will man so. Und die Gewalt aufzeigen, die vielleicht keine Narben hinterlässt, aber dennoch Schmerz zufügt.

Thema ist kein Tabu mehr

Eben weil das Thema nicht mehr Tabu ist, weil die Menschen sensibilisierter sind, entstanden Netzwerke, die im Fall des Verdachtsfalls greifen. „Es muss niemand mehr einen Blindflug betreiben“, betont Yanka Schlitzer und nennt damit den Hintergrund der Fortbildung: Erzieherinnen und pädagogische Fachkräfte, die Kinder viele Stunden wöchentlich über viele Jahre betreuen, sollen so befähigt werden, ihre „Verhaltensweisen zu deuten“. Und weil eine Mülheimer Beratungsstelle Mülheimer Fachkräfte fortbildet, sollen die Teilnehmenden gleich das örtliche Netzwerk kennen lernen. „Wir wollen erklären: Was macht wann Sinn und welche Stelle kann oder sollte ich einbeziehen.“

Im April fand eine erste Fortbildung statt, am 9. und 15. Juni folgt die zweite. Vertreterinnen von sieben Einrichtungen haben sich dazu angemeldet. Praxisorientiert und anschaulich, etwa durch Rollenspiele, werden die Themenblöcke Interventionsplanung, Prävention und Übergriffe von Kindern untereinander besprochen. Denn, so Yanka Schlitzer, es kann schwer sein zu unterscheiden, „was sind normale Doktorspiele und was sind Übergriffe“.

Das Angebot ist kostenlos, da es von der Cläre und Hugo Stinnes Stiftung gefördert wird. Die nächste Fortbildung findet im Oktober statt. Im kommenden Jahr soll es, ebenso wie Schulungen in Einrichtungen, fortgeführt werden. Info: 450 03 225.