Mülheim. . Im “Weck“ plumpsen Pommes aus Maschinen, Pullover fahren aus Wänden, Sägen baumeln von der Decke. Das “Weck“ ist der Ort, an dem sich Doris, Martin und Lulatsch treffen. Denn die drei haben alle ein Problem: Sie sind anders.

Doris ist zu dick, Martin zu kurz und Lulatsch zu lang. Doch wie kommen sie wieder ins „Da“ zurück? Zum Auftakt der Kinderstücke 2011 setzte das Theater Junge Generation Dresden Ingeborg von Zadows sozialkritischen Text „Über Lang oder Kurz“ in Szene. Viele Mülheimer Schüler kamen ins Theater an der Ruhr, um Doris, Martin und Lulatsch auf ihrem Weg aus dem „Weck“ zu begleiten.

„Was machen wir gegen das Anderssein?“ fragen sich die drei Außenseiter. Sie alle haben sich damit abgefunden, alleine besser dran zu sein und ziehen sich ins „Weck“ zurück. Der eine ist zu kurz geraten, wird als „Knirps“ von den anderen begossen und in die Sonne gestellt. „Mal sehen, ob er noch wächst.“

Selbstzweifel als Nahrung

Lulatsch ist eindeutig zu groß, während sich die dicke Doris hinter einem Wandschirm verbirgt und dort ungehemmt Torten, Hamburger und Süßes in sich hinein stopft. Zunächst lachen sich die drei gegenseitig aus: „Bohnenstange!“, „Zwerg!“ Erst im Laufe des Stücks bemerken die Figuren, dass alles eine Frage des Blickwinkels ist. Der Lange wäre gerne kürzer, der Kurze gerne länger – Bäuche wachsen, Bonbons fliegen vom Himmel. Doris nimmt sich noch einen Nachschlag.

Gefüttert werden die Drei von einer Stimme aus dem Off. Sie nährt sich von den Selbstzweifeln der Drei und gibt ihnen, was sie sich wünschen. Der Kurze bekommt eine Verlängerung, der Lange eine Säge, die Dicke wünscht sich schlank zu sein und treibt mit Hilfe ihrer neuen Freunde Sport. Bis die überflüssigen Pfunde einfach von ihr fallen. Die Stimme versucht zu verhindern, dass sie es zurück ins „Da“ schaffen, verführt sie mit Torten. Nach und nach lernen Doris, Lulatsch und Martin, dass es nichts nützt, sich im „Weck“ zu verstecken, sondern das anders sein gar nicht schlimm ist. Solange man Freunde hat, die zu einem stehen und man sich selbst akzeptiert, wie man ist.

"Es gibt kein zu dick oder zu dünn"

Die Kinder fiebern mit, rufen „nein Doris, nicht die Torte essen!“ Sie lachen und fühlen mit den Darstellern. So wie Emmi, Annalena und Leonie aus den ersten und zweiten Klassen der Katholischen Grundschule Styrum. „Wir fanden das Stück gut, denn es gibt kein zu dick oder zu dünn. Jeder sollte so sein, wie er ist“, finden die Mädchen.

Und dürfen nach der Vorstellung noch Fragen an die Schauspieler Manuel Krstanovic, Ulrich Wenzke und Marja Hofmann sowie an Regisseur Gerald Gluth stellen. „Wo liegt denn das ‘Weck’?, „Ist es schwer, als Schauspieler ernst zu bleiben, wenn das Publikum lacht?“, „Wie seid ihr denn so dick geworden?“ „Wie fühlt man sich, vor so vielen Leuten zu spielen?“ Geduldig beantworten die Theatermacher jede Frage.

Am Ende haben es Doris, Martin und Lulatsch doch geschafft, wieder ins „Da“, also in die Realität, zu kommen – mit neuen Freunden und mehr Selbstvertrauen. Die Stimme aus dem Off hat verloren und grummelt: „Dann suche ich mir eben neue Andere. Von denen gibt es ja viele auf der Welt.“