Die größte Ratsfraktion hat den kleinsten Frauenanteil. Nur drei der 20 SPD-Ratsmitglieder sind weiblich: Bürgermeisterin Renate aus der Beek (64), Margarete Wietelmann (60) und Elke Wiskandt (67). „Ganz schade“ sei das, ohne Frage, sagt Renate aus der Beek. Sie hatte nach eigenem Bekunden vor der Kommunalwahl 2009, damals noch als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, kräftig die Werbetrommel gerührt, um mehr und vor allem jüngere Frauen für die Kandidatenliste zu gewinnen. Doch Mülheims Genossen hinken dem Ideal von 40 % Frauenanteil, das die SPD einst in Vorreiterrolle propagiert hatte, meilenweit hinterher.
Viele scheuen den Aufwand
Viele, so aus der Beek, hätten den Aufwand gescheut, den das politische Ehrenamt mit sich bringe. Mit dem Berufsalltag, hätten viele abgewunken, sei dies kaum vereinbar. Ja, die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit einem politischen Engagement im Stadtrat halte wohl viele junge Frauen von einer Kandidatur ab, sagen Eva Weber (Grüne) und Ursula Schröder (CDU). Letztere ist dennoch nicht unzufrieden, dass in der 15-köpfigen CDU-Fraktion immerhin fünf Frauen ihren Platz gefunden haben, sie selbst gar als planungspolitische Sprecherin. Denn, so glaubt Schröder: „Die Frauen sind auf dem Vormarsch.“
Beispiel dafür ist vielleicht Meike Ostermann, mit 37 Jahren jüngste Ratsfrau – und für die FDP Vorsitzende des Bildungsausschusses. Auch Ostermann glaubt, dass es Frauen schwerer fällt, Beruf, Familie und Politik unter einen Hut zu bekommen. Es stecke schließlich, mache man seinen Job gewissenhaft, jede Menge Arbeit hinter einem Ratsmandat. Es seien ja nicht nur die Gremien, schließlich sei intensive Vorarbeit, seien auch Gespräche mit Institutionen und Bürgern zu suchen, um sich eine Meinung zu bilden und sie bei Entscheidungen zu vertreten. Hier eine Reformkommission, dort der Empfang der Handwerker . . .
Es ist auch immer noch so, so die Feststellung von Mülheimer Kommunalpolitikerinnen: Wer heute als Frau im Männer-dominierten Rat bestehen will, muss manchmal ein dickes Fell haben, manchmal auch doppelt so viel leisten, um gleichermaßen anerkannt zu sein. „Man muss auch mal einen chauvinistischen Spruch aushalten können und im Ränkespiel mit dem einen oder anderen Polterkopp Positionen erkämpfen“, sagt Meike Ostermann. Andererseits sagt sie entschieden Nein zur Quote.
SPD wird Umbruch vollziehen
Renate aus der Beek von der SPD will aber nicht locker lassen. Sie glaubt auch, dass ihre SPD nach der nächsten Wahl mehr junge Frauen in ihren Reihen haben wird. Die SPD werde allein aus Altersgründen einen Umbruch vollziehen – und schon der Landtagswahlkampf von Hannelore Kraft sei „von unendlich vielen jungen Frauen geprägt“ gewesen. Die neuen Ortsverbände der Jusos machten Mut, dass künftig auch mehr junge Frauen in der SPD-Kommunalpolitik mitmischten. „Die wollen jetzt weiter arbeiten.“
Renate aus der Beek selbst jedenfalls will 2014 nicht mehr kandidieren – es wäre Platz für eine junge (Wilde). So eine ist Alexandra Hanf (25), stellvertretende Vorsitzende der Jusos. Noch allerdings winkt diese ab. Erst einmal müsse sie sich nach ihrem Studium voll auf den Berufseinstieg konzentrieren. Dies erfordere heutzutage volle Konzentration. Seit April hat Hanf einen festen Job, und das sogar im Politikbetrieb: im Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Anton Schaaf.
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