Mülheim. . Sport ist für ältere Menschen kein Tabu. Regelmäßige Bewegung kann Durchblutungsstörungen verhindern und das Risiko von Brüchen bei Stürzen vermeiden. Ein Gespräch mit Dr. Andreas Schöpf, Chefarzt im evangelischen Krankenhaus Mülheim.
Wie wichtig Bewegung insbesondere für ältere Menschen ist und welche Möglichkeiten, des Sporttreibens es gibt, erfährt Claudia Pauli von Dr. Andreas Schöpf, Chefarzt der medizinischen Klinik im evangelischen Krankenhaus.
Welche Bedeutung hat regelmäßige Bewegung im Alter aus Expertensicht?
Dr. Andreas Schöpf: Bewegung ist nicht nur im Alter wichtig, sondern während des gesamten Lebens. Sport zu treiben ist generell für alle Altersgruppen vorteilhaft. Die Effektivität liegt im Bereich einer gründlichen, guten medikamentösen Behandlung – ohne dass jedoch Nebenwirkung auftreten. So trägt regelmäßige Bewegung unter anderem dazu bei, das Risiko für Durchblutungsstörungen zu senken. Ich denke zum Beispiel an die Herzinfarkt- und die Schlaganfall-Vorbeugung. Von hoher Relevanz ist regelmäßige Bewegung speziell in höherem Alter aber auch deshalb, weil dadurch die Sturzneigung erheblich gemindert werden kann.
Frakturen des Schenkelhalses sind enorm häufig, wobei rund ein Drittel der Betroffenen binnen eines Jahres danach stirbt – nicht an mangelnder medizinischer Versorgung, sondern an den weitreichenden Folgen. Die Eigenständigkeit steht bei vielen Menschen auf dem Spiel, wenn sie einen solchen Bruch erlitten haben, sie verlieren Selbstvertrauen, gehen nicht mehr vor die Türe, die sozialen Kontakte nehmen ab usw. Der Alterungsprozess ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Muskelmasse stark zurückbildet. Entsprechend ist die Kraftentwicklung vermindert und – daraus resultierend – die Möglichkeit, sich abzufangen. Hier prophylaktisch zu arbeiten, also durch Sport dem entgegen zu wirken, ist enorm wichtig.
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Nicht zuletzt hat regelmäßige Bewegung einen vorbeugenden Effekt im Zusammenhang mit Demenz. So integrieren wir beispielsweise über die neu gegründete Alzheimer-Gesellschaft Mülheim, deren Vorstand ich angehöre, Bewegung in die Pflegeangebote. Denn kardiale Durchblutungsstörungen sind nicht nur ein Risikofaktor für das Auftreten von Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, sondern auch für das Auftreten von kognitiven Störungen. Sport ist also in vielerlei Hinsicht Prophylaxe, das haben zahlreiche medizinische Studien in der Vergangenheit bestätigt!
Wie ist der Begriff „regelmäßig“ zeitlich einzuordnen?
Schöpf: Man sollte mindestens dreimal pro Woche aktiv werden, um die vorbeugenden Effekte von Bewegung nutzen zu können. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass man dreimal wöchentlich im Verein Sport treiben muss, aber man sollte sich zumindest körperlich betätigen. Hier gilt es, einfachste Dinge im Alltag zu verändern, die Treppe zu nutzen anstelle des Fahrstuhls oder einige Dinge zu Fuß erledigen statt das Auto zu benutzen.
Wie sollten ältere Menschen vorgehen, wenn sie sich dazu entschließen, sportlich aktiv zu werden?
Schöpf: Dass Menschen erst in höherem Alter zum Sport kommen, ist die Ausnahme. Wer nicht entsprechend sozialisiert ist, wird normalerweise auch nicht im späteren Verlauf seines Lebens mit dem Sporttreiben beginnen. Insofern sind in der Regel diejenigen auch in höherem Alter körperlich aktiv, die bereits frühzeitig damit angefangen haben. Unabhängig davon, ob jemand schon sein Leben lang Sport treibt oder erst später damit beginnt: Jegliche sportliche Aktivität muss altersadaptiert erfolgen, das heißt, der Hausarzt ist der erste Ansprechpartner, von ihm sollte man sich hinsichtlich seiner Belastbarkeit beraten lassen und die Belastungsstufe festlegen. Gerade wenn Vorerkrankungen existieren, zum Beispiel bronchialer Art oder Herzerkrankungen, ist eine intensive Besprechung unerlässlich.
Welche Sportarten empfehlen Sie älteren Menschen zur Ausübung?
Schöpf: Das Wichtigste ist, dass man sich in qualifizierte Hände begibt. Dies ist zum Beispiel normalerweise in Vereinen der Fall. Die Bewegungsangebote, die Vereine bereithalten, werden immer von zertifizierten Trainern durchgeführt. Die Sportart als solche spielt dann eigentlich keine Rolle mehr. Überhaupt existiert nicht die Sportart, sondern es geht immer um angepasste Belastung.
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Gerade in Mülheim gibt es sehr viele spezielle Programme für ältere Menschen, die sich regelmäßig unter Anleitung von Fachleuten bewegen möchten. Ihnen würde ich raten, sich bei der Stadt, beim Mülheimer Sportbund oder im Internet nach entsprechenden Möglichkeiten zu erkundigen. Grundsätzlich sind gymnastische Angebote sehr zu empfehlen, da sie sehr stark die Koordination trainieren. Die körperliche Anstrengung tritt dabei in den Hintergrund. Sinnvoll ist beispielsweise auch Walking in Gruppen. Hierbei spielt der soziale Aspekt zudem eine wesentliche Rolle. Viele ältere Menschen vereinsamen mit der Zeit. Gemeinsame Aktivitäten können dem entgegenwirken. Wesentlich ist, dass die Bewegung Freude bereitet – auch dies hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit!