Mülheim. Fast ein Viertel der Mülheimer ist über 65 Jahre alt. Nun will man sich den Titel “Seniorenfreundliche Stadt“ selbst geben. Doch ist das Prädikat verdient? Auf der Seniorenmesse Ruhr fragte die WAZ am Sonntag die Besucher nach ihrer Meinung.
Den Titel „Senioren-Stadt“ erhält Mülheim von den Statistikern: Fast ein Viertel der Bevölkerung ist über 65 Jahre alt. Den Titel „Seniorenfreundliche Stadt“ will sich Mülheim selbst geben. Doch wäre dieses Prädikat verdient? Wir fragten Besucher der Seniorenmesse Ruhr, die Sonntag im Forum stattfand, wo es ihrer Meinung nach in der Stadt mit der Seniorenfreundlichkeit noch hapert.
Um es vorwegzunehmen: Trotz der eher negativ formulierten Frage sind die Antworten der Befragten überwiegend positiv. „Da fällt mir nichts ein“, sagen die meisten spontan, überlegen und sind immer noch ideenlos. Sie „können nicht klagen“ über Mülheim und wollen es auch nicht. Drei Damen mit Rollator berichten von „großer Hilfsbereitschaft“ ihrer Mitmenschen in Bahnen und an Straßenkanten. „Manchmal ist es mir sogar schon zu viel“, gibt Marianne Kube zu. „Ich möchte das, was ich kann, alleine machen.“ Auch sonst ist Frau Kube zufrieden. Sie fühlt sich sicher, mobil und sich in ihrer Kirchengemeinde gut aufgehoben: „Wenn man möchte, findet man Anschluss.“
Nicht alles ist perfekt
Wie Frau Kube denken viele im Forum. Vereine und Verbände stellen sich auf der Seniorenmesse vor, und viele der Besucher sind deren Mitglieder. Deshalb betonen mehrere: „Es gibt so viele Angebote für Senioren in der Stadt, die muss man nur nutzen.“
Doch natürlich ist nicht alles perfekt. Die von den Senioren genannten Schwachstellen jedoch sind generationsübergreifend; den Grundpunkten kann man sich wohl in jedem Alter anschließen. Der Öffentliche Nahverkehr wird etwa mehrmals genannt. „Dunkle Ecken“ an U-Bahn-Haltestellen hat Heribert Stein ausgemacht und nennt besonders die Stopps in Heißen. Die Stationen, sagt er, müssten auch nachts bewacht werden. „Noch was machen“, findet Stein, könne man bei Serviceleistungen, die Senioren bei der Gartenarbeit oder beim Schneefegen unterstützen: „Da brauchen wir mehr kostengünstige Angebote.“
Zu Kurze Grünphasen
Eine konkrete Beschwerde hat Inge Zentek: „Es fährt nicht eine abgesenkte Straßenbahn zum Hauptfriedhof.“ Dabei gibt es dort oben verschiedene Senioreneinrichtungen. „Letztens wollten zwei Frauen mit Rollator einsteigen. Was glauben Sie, was die für Probleme hatten!“ Eine abgesenkte Bahn, die zur vollen Stunde fährt, würde ihr reichen: „Dann kann man sich darauf einstellen.“ Sonst ist sie mit dem ÖPNV zufrieden – „abgesehen von den Verspätungen“. Natürlich.
Kurze Grünphasen an Fußgängerampeln ärgern Ursula in der Wieschen. Besonders in der Innenstadt fallen ihr Beispiele ein. „Für ältere Leute ist das schwer zu schaffen; sie werden hektisch und dann ist es passiert.“ Erst letztens sei ein älterer Herr samt Rollator in seiner Eile umgekippt.
"Geringe Akkuleistung"
Gert Reinhardt ist derweil mit seinem Elektromobil auf dem Weg nach Hause. „Ich komme immer gut durch“, zeigt er sich zufrieden und hat nichts zu verbessern. Das Problem, mit dem er kämpft, ist vielmehr sehr individuell: die „geringe Akkuleistung“ seines Gefährts. „Ich kann nicht zu lange unterwegs sein, sonst komme ich den Berg nicht mehr hoch.“ Da kann ihm die Stadt wirklich nicht helfen.