Mülheim. . Wenn es um das richtig Verhalten im Bus geht, fühlen sich viele Senioren unsicher: Wo stelle ich meinen Rollator ab? Was mache ich, um nicht in der Tür eingeklemmt zu werden? Das MVG-Sicherheitstraining soll es den älteren Leuten beibringen.

Rumms. Eine etwa 20 Kilo schwere Holzpuppe fliegt durch den Bus. Biene heißt sie, gehört der MVG und verliert beim Sturz auf den Boden ein Stück ihres Pappmaché-Fußes. Nur 25 km/h fährt der Bus der MVG auf dem Betriebshof an der Duisburger Straße, dann macht er eine Vollbremsung – wer sich nicht richtig festhält, kann schnell durch den Bus geschleudert werden.

Ältere Menschen haben in Bus und Bahn oft Schwierigkeiten: Hier geht die Tür beim Einsteigen zu schnell zu, dort macht der Fahrer eine scharfe Bremsung, hinzu kommen häufige Änderungen bei Ticketkontrollen und -preisen. Um Senioren fit zu machen für den täglichen Gebrauch von öffentlichen Verkehrsmitteln, hat sich die MVG etwas Besonderes einfallen lassen: das ­Bustraining.

Ein- und Aussteigen üben

Neun Teilnehmerinnen und ein Teilnehmer haben sich für den ersten Übungstag angemeldet. Kundenmanager Rolf Hensel übt geduldig das Ein- und Aussteigen auf dem Betriebshof-Gelände und zeigt den ­Senioren, wie sie beispielsweise mit einem Rollator sicher durch die Tür kommen. „Eine Freundin von mir hatte schon mal den ganzen Arm blau, weil die Tür zu schnell geschlossen wurde“, erzählt Ursula Wintjes entrüstet. Die 83-jährige fragt interessiert, läuft mit ausgestreckten Armen durch die Lichtschranke der Bustür, hält sich am Griff fest, dreht sich leicht und kommt trittsicher auf dem Bürgersteig an. „Hier lerne ich, wie man richtig aussteigt,“ sagt sie ­begeistert.

„Wir haben bemerkt, dass es großen Bedarf für solch ein Training gibt“, berichtet Andreas Köhne, Leiter des pädagogischen Konzepts der MVG. Viele ältere Menschen erschreckten sich beim Signal, das ertönt, wenn die Türen sich schließen, „manche stecken sogar ihren Regenschirm oder Gehstock zwischen die Tür,“ weiß Rolf Hensel.

Fünf Mal pro Jahr

Seit 1992 gibt es das „Sicherheitstraining“ schon bei der Essener Verkehrs-AG. Unter dem Titel „Mülheim macht Schule“ führt es nun auch die MVG durch, voraussichtlich fünfmal im Jahr.

„Heute habe ich erfahren, wie ich mich im Bus richtig verhalte, wo ich meinen Rollator am besten abstelle“, sagt der 90-jährige Rudolf Schreiber. Auf die öffentlichen Verkehrsmittel sei er angewiesen, „man wird ja nicht jünger.“ Bemerkenswert, wie selbstständig die Senioren aus dem betreuten Wohnen des Engelbertus-Stifts sich bewegen, wie aufmerksam sie sind.

"Paradebeispiel für den demografischen Wandel"

„Mobilität bedeutet Lebensqualität“, meint Polizeihauptkommissar Uwe Rippke. Er wünscht sich, „dass viele Senioren, die Auto fahren, obwohl sie es nicht mehr sollten, durch dieses Angebot auf Bus und Bahn umsteigen.“

Das Ruhrgebiet sei das „Paradebeispiel für den demografischen Wandel,“ deshalb seien solche Angebote für ältere Menschen besonders wichtig. „Wir setzen vor allem auf Mundpropaganda und hoffen, dass die Senioren in ihrem Bekanntenkreis davon erzählen“.