Mülheim. . Wer betreibt künftig das Stromnetz in Mülheim? Zur Beantwortung fand Donnerstagabend eine öffentliche Anhörung statt. Die Stadtspitze bevorzugt die Verlängerung des Konzessionsvertrages mit RWE. Stadttocher Medl soll ihre Stromproduktion ausweiten.

Die Liberalisierung auf dem Strommarkt hat die strikte Trennung von Stromproduktion, Netzbetrieb und Stromvertrieb gebracht. Zur Frage, wer in Zukunft das Mülheimer Stromnetz betreiben wird, ob RWE (wie gehabt) oder die Medl oder gar einer der anderen Bieter, hat Donnerstagabend eine öffentliche Anhörung in der Stadthalle stattgefunden. Kein Geheimnis: Die Stadtspitze bevorzugt die Verlängerung des entsprechenden Konzessionsvertrages mit RWE. Ihrer 51-prozentigen Stadttochter Medl weist die Stadt einen anderen Weg: Die Medl soll ihre Stromproduktion ausweiten, schon im April wird der Energiedienstleister Privathaushalten die Belieferung mit Strom anbieten.

Was Medl-Geschäftsführer Hans-Gerd Bachmann am Donnerstag im WAZ-Gespräch skizzierte, ist der Weg, den die Medl in der Produktion von Strom einschlagen will. Schon jetzt holt der Mülheimer Betrieb 38 Millionen Kilowattstunden aus seinen zwei Blockheizkraftwerken in Broich (5,4 Megawatt Leistung) und Dümpten (0,1 Megawatt) heraus. 26 Millionen Kilowattstunden davon gehen, vertraglich fixiert, an die Stadt. Der Rest wird gegen Vergütung ins Netz eingespeist.

Stromversorgung wird ausgebaut

Die Beteiligungsholding als Muttergesellschaft der Medl hat bereits den weiteren Ausbau der Stromerzeugung als Ziel ausgegeben, Bachmann selbst ist Feuer und Flamme, neue Projekte mit Kraft-Wärme-Kopplung anzugehen. Schon am 12. April wird in Broich das dritte Modul des Blockheizkraftwerkes eingeweiht. Es soll mit Biogas betrieben werden, das sichert eine hohe Einspeisevergütung. Im Endausbau sind in Broich vier Module vorgesehen. Gerade erst ist entschieden worden, für das ehemalige Kasernengelände in Holthausen eine Anlage mit Kraft-Wärme-Kopplung zu konzipieren; Bachmann sieht weiteres Potenzial für derlei Anlagen, die helfen, die CO2-Bilanz zu verbessern.

Dem jüngsten Ansinnen von SPD und Grünen entsprechend würde die Medl darüber hinaus gerne Kleinst-KWK-Anlagen in Mülheim marktgängig machen. Sie will, wenn es der Rat unterstützt, die Installation von Miniatur-Kraftwerken mit einer Leistung von einem bis drei Kilowatt in privaten Wohngebäuden fördern.

Einsatz von Mini-KWK-Anlagen

„Wir haben alles schon gerechnet“, verweist Bachmann auf die Vorarbeit, die sein Haus für die Bewerbung der Stadt um „Innovation City“, dem Vorzeigeviertel in Sachen Energieeffizienz und Klimaschutz, seinerzeit geleistet habe. Der Einsatz von Mini-KWK-Anlagen sei wirtschaftlich darstellbar, in einer Neubausiedlung ebenso wie unter den Möglichkeiten im denkmalgeschützten Bereich.

Auch für Zehn-Familien-Häuser aus den 50er und 60er Jahren habe man ermittelt, dass Kraft-Wärme-Kopplung das ökologische Instrument sei, das an Wirtschaftlichkeit nicht zu toppen sei. Und das, so Bachmann, sei wesentlich, um Eigentümer dazu zu bewegen, in Energieeffizienz zu investieren. Bachmann erhofft sich vom Stadtrat, dass dieser den Schwerpunkt auf eine entsprechende Förderung legt – die Unterstützung der Solarstromerzeugung ist seiner Meinung nach nicht zielführend.

Installation von Musteranlagen in Einfamilienhäusern

Vier Pilotprojekte mit Mini-KWK-Anlagen hat die Medl bereits angeschoben, um zu beobachten, wie sich die Versuchsanlagen (zwei in Privathäusern, zwei in Unternehmen) bewähren. Anfang 2012 will der Energiedienstleister in einem Kooperationsprojekt mit RWE in Saarn zwölf weitere Musteranlagen in Einfamilienhäusern installieren. Die Partnerschaften mit Privateigentümern müssen noch geschlossen werden. Bei ihnen soll dann auch das RWE-Projekt „Smart Meter“ einem intensiven Praxistest unterzogen werden.

Eine weitere Säule für die ökologische Stromproduktion soll durch den Zukauf des Wasserkraftwerkes am Raffelberg hinzukommen. Die Beteiligungsholding will das Kraftwerk, das weitere rund 21 Millionen Kilowattstunden Strom produziert, laut Ratsunterlagen noch in diesem Jahr unter das Dach der Medl gebracht sehen. Dann käme die Medl auf knapp 60 Millionen Kilowattstunden Strom – das entspricht dem Jahresverbrauch von 15 000 Vier-Personen-Haushalten.