Mülheim.
Kunden der MVG berichten täglich von den Schwierigkeiten, pünktlich zur Arbeit zur kommen, an dem Verkehrsunternehmen hagelt es Kritik. Geschäftsführer Klaus-Peter Wandelenus gesteht im WAZ-Interview in der Tat eine "auffällige Störungsquote" ein.
Kaputte Bahnen, verspätete Bahnen, überfüllte Bahnen, gar keine Bahnen, defekte Automaten, schlechte Taktzeiten – Herr Wandelenus, es hagelt Kritik an der Mülheimer Verkehrsgesellschaft. Sind diese Klagen berechtigt?
Klaus Peter Wandelenus: Wenn man einmal im Fokus steht, fühlen sich viele angesprochen, mit jeder noch so kleinen schlechten Erfahrung an die Öffentlichkeit zu treten. Dabei kann sich unsere Leistung sehen lassen.
Aber die Probleme gibt es doch, Ihre Kunden berichten uns täglich von den Schwierigkeiten, pünktlich zur Arbeit zu kommen. Eltern fahren sogar ihre Kinder mit dem Auto zur Schule, nur damit sie dort rechtzeitig ankommen.
Wandelenus: Also, das mit den Kindern ist geklärt. Da hat ein Gymnasium ohne Absprache mit uns die Anfangszeiten geändert, die passten dann nicht mehr zu den Fahrzeiten. Wir haben inzwischen darauf reagiert. Ich sage auch nicht, dass wir keine Probleme haben. Wir haben im Straßenbahnbetrieb eine auffällige Störungsquote, die ist technisch bedingt. Unsere Altfahrzeuge sind jetzt 25 bis 28 Jahre alt und haben Defekte an den Getrieben.
Haben Sie die falschen Bahnen gekauft?
Wandelenus: Aus damaliger Sicht waren es die richtigen, aus heutiger Sicht eher nicht.
Warum kommen Sie mit den Reparaturen nicht nach?
Wandelenus: Wir müssen leider zu bis acht Monaten auf Ersatzteile warten. In der Zeit fallen Bahnen aus. Bis zu einem bestimmten Grad können wir Ersatzbusse einsetzen. Und wenn ein Kurs ausfällt, ist die nächste Bahn nun einmal voll.
Die Bahn fällt aus, kommt zu spät, und die Menschen stehen an den Haltestellen und frieren. Warum funktioniert die Information über das dynamische Informationssystem an den Haltestellen häufig nicht?
Wandelenus: Die Leitstelle informiert ständig. Die Kunden erwarten zu Recht klare Ansagen. Es entstehen aber auch Situationen, wie kürzlich bei dem Rohrbruch in der Innenstadt, da gibt es explosionsartig viele Aufgaben in der Leitstelle gleichzeitig zu erledigen. Da sind schnelle und exakte Angaben nicht immer leistbar.
Mit dem Zusammenschluss der Mülheimer, Essener und Duisburger Verkehrsgesellschaft zu „Via“ sollte doch vieles besser werden. Davon ist noch wenig zu spüren.
Wandelenus: Via ist ein gutes Mittel, Ausfälle zumindest in Teilen zu kompensieren. Wir haben kürzlich zwei Wagen aus Essen eingesetzt. Auch beim Personal wollen wir das künftig tun, was natürlich immer Schulungen für die jeweils andere Stadt voraussetzt.
Es heißt, dass durch den Spardruck gerade das Fahrpersonal bei der MVG sehr ausgedünnt worden ist. Kommen wie kürzlich hohe Krankenstände dazu, entstehen weitere Probleme, auch Ausfälle von Bus und Bahn?
Wandelenus: Eindeutig nein. Es stimmt auch nicht, dass unser Fahrpersonal stark ausgedünnt worden ist. Wir haben einen Bedarfsplan, in den Urlaubszeiten, Schulungen und durchschnittliche Krankenquoten eingerechnet sind. Damit kommen wir zurecht. Es gibt natürlich Spitzen, bei Grippewellen etwa, die überall für Engpässe sorgen. Wir halten allerdings nicht mehr die Personalreserven vor, die sich für Notfälle bereithalten. Das war früher einmal der Fall.
Der Steuerzahler zahlt über die Stadt jedes Jahr Millionen für die MVG, um die Defizite dort auszugleichen. Kann er da nicht mehr erwarten?
Wandelenus: Es wird leider oft noch behauptet, die MVG erhalte jährlich 30 Millionen Euro. Das war einmal. Es sind nur noch 25. Wir haben inzwischen sehr viel durch Restrukturierungsmaßnahmen erreicht, Einsparungen von neun Millionen Euro. Da an anderer Stelle die Kosten für uns gestiegen sind, kommen wir auf fünf Millionen Einsparungen. Eine tolle Leistung, ich bin stolz auf die gesamte Belegschaft. Aber irgendwann ist auch alles ausgeschöpft.
In einigen Wohngebieten geht die Sorge um, dass Sie im Zuge der Sparmaßnahmen Strecken kürzen, stilllegen. Da machen sich vor allem ältere Menschen Gedanken. Sind die Ängste berechtigt?
Wandelenus: Wir haben lediglich Vorschläge gemacht und dabei auf die Wirtschaftlichkeit von Strecken geschaut. Die Stadt ist für uns Auftraggeber. Sie muss sagen, was sie wo haben will. Danach richten wir uns, danach richten sich aber auch die Kosten. Früher gab es von Bund und Land deutlich höhere Förderquoten, die Städte sollten sich bemühen, dass von der Seite der Nahverkehr wieder stärker unterstützt wird.
Von Bürgern aus anderen Regionen des Landes hören wir oft, auch jetzt von Gästen der Kulturhauptstadt, dass der Nahverkehr dort besser sein soll. Was können Sie von anderen Städten und Nahverkehrsgesellschaften lernen?
Wandelenus: Wir tauschen uns überregional ständig aus, greifen Ideen und Konzepte auf. Was davon gut für uns ist und funktioniert, wird übernommen. Wir sind nah dran an einem Optimum.