Mülheim. .
Die sogenannten Ein-Euro-Jobs sind für viele Hartz IV-Empfänger ein Weg zurück ins Berufsleben. Stellen gäbe es genug - allerdings berichten gerade soziale Einrichtungen von Problemen mit den Aushilfsjobbern. Es fehle die nötige Qualifikation.
Handwerkliche Tätigkeiten, Hilfe bei Hausmeisterjobs – klassische Arbeitsbereiche für so genannte Ein-Euro-Jobber. Auch in sozialen Einrichtungen gab und gibt es in Mülheim immer wieder Bestrebungen - doch genauso viele Probleme. Schon oft sollten zusätzliche Stellen für Hartz 4-Empfänger geschaffen werden. Wiederholt berichten Träger jedoch von Problemen.
„Es passt nicht immer zusammen“, erklärt Matthias Spies, Leiter der Sozialagentur, warum er bestimmte Tätigkeitsfelder für Ein-Euro-Jobber als problematisch ansieht. Vor allem für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen brächten sie die nötigen Qualifikationen und Eigenschaften häufig einfach nicht mit. 356 Injobs oder Ein-Euro-Jobs gibt es laut Spies zur Zeit in Mülheim. Die Abkürzung steht für Integrationsjobs, die Hartz IV-Empfänger wieder in den Arbeitsmarkt einführen sollen. Von den 17000 Hilfempfängern in Mülheim gelten 12000 als erwerbsfähig, so Spies. Zur Zeit seien an die 40 der 356 Stellen unbesetzt.
Kein Risiko bei Schulen
Nicht jeden Arbeitssuchenden könne man an jede Stelle vermitteln. „Bei Schulen würde ich kein Risiko eingehen“, meint Spies. Generell gebe es bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nur noch sehr begrenzte Einsatzgebiete. In Altenheimen fänden sich häufiger Einsatzgebiete für Ein-Euro-Jobber, die Pflege sei jedoch ausgeschlossen. „Für Injobs müssen die Arbeitskräfte in der Regel keine besonderen Qualifikationen mitbringen. Sie sollen zusätzliche Angebote sein.“ Im Jahr 2005, dem Beginn der Hartz IV-Reformen, hatte die Sozialagentur etwa angedacht, ähnlich wie in Essen Hartz IV-Empfänger als Aufsichtskräfte in Schultoiletten einzusetzen. Schnell wurde der Plan jedoch als kaum realisierbar wieder begraben.
„Jobs, die nicht zu besetzen sind, fallen dann meist einfach wieder weg“, so Spies. Wenn Injobs offen bleiben, liege das nur in seltenen Fällen an Arbeitsverweigerung. Wenn jedoch jemand in seinem Job etwa unentschuldigt fehlt, drohen ihm Sanktionen bis zur kompletten Leistungskürzung. „Ein großes Problem sind häufige Krankheitsfälle“, so Spies. Die Berufsbildungswerkstatt, heute bbwe Gemeinnützige Gesellschaft für Beratung, Begleitung und Weiterbildung, ist laut Sozialagentur eine der wenigen Stellen, die Ein-Euro-Jobber auch in die Kinder- und Jugendarbeit vermittelt.
„Nach 24 Jahren Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen wissen wir, wen wir wo einsetzen können“, sagt Prokurist Halil Gülkan. Die bbwe beschäftigt die Kräfte etwa in Schulen oder auch in Altenheimen. Dort übernehmen sie laut Gülkan Aufräumarbeiten oder kleine Reparaturen, in Altenheimen könnten sie den Besuchern etwa vorlesen. „Meistens klappt das gut. Allerdings haben die Jugendlichen manchmal auch nicht so viel Lust.“
Quote der Jobverweigerer liegt bei zehn Prozent
Bei den erwachsenen Injobbern sei oft die Gesundheit ein Problem. Den Einsatz von Hilfeempfängern in Krankenhäusern hat die Gesellschaft mittlerweile ausgesetzt. Adelheid Zwilling, Geschäftsführerin im AWO-Kreisverband, setzt voll auf die Integration ihrer etwa 20 Ein-Euro-Jobber. Sie helfen auch bei der Drogenprävention, in sozialpsychiatrischen Einrichtungen oder Schulen mit – bei Hauswirtschaftstätigkeiten oder auch direkt in den Gruppen. Voraussetzung ist intensive Schulung. Stefan Mühlenbeck, Geschäftsführer der Mülheimer Sozialholding, hat seinen klaren Grundsatz „Nicht am Bewohner“ bereits in der Anfangszeit der Injobs entwickelt. „Die Erfahrung zeigt, dass Pflege und Betreuung ein zu sensibles Geschäft sind“ – Zusatzkräfte passten in der Regel einfach nicht hinein. In Ausnahmefällen habe die Sozialholding die Arbeitsverhältnisse schon verlängert, viel Potenzial gebe es hier jedoch nicht.
„Manche Bereiche sind schwer zu vermitteln“, weiß auch Ulrich Schreyer, Geschäftsführer beim Diakoniewerk Arbeit & Kultur. Ist es geschafft, droht die Zeit danach: Laut Schreyer können weniger als zehn Prozent weiter beschäftigt werden. Die Quote derer, die jeden Job verweigerten, liege bei etwas über zehn Prozent. Am „einen Euro“ liegt es kaum, meint Schreyer. Mit Aufschlägen bis zum Teil 2,50 Euro und allen Leistungen der Sozialagentur sei zum Teil schon die Mindestlohngrenze erreicht. „Ich kümmere mich lieber um die 90 Prozent, die wollen.“