Der Wiedereinstieg in den Beruf ist oft ein hartes Stück Arbeit. Bei der Steinmetzin Jana Himmel gelang er offenbar so, dass alle Beteiligten profitieren.
Wo sich in Heißen B1 und Ruhrschnellweg begegnen, liegt an einer Ecke der Steinmetz- und Restaurierungsfachbetrieb von Uwe Kühn. Marmorplattenreste, Granitstücke, Pflastersteine türmen sich auf dem Gelände. Kühn, Meister seines Fachs, ist seit 38 Jahren im Geschäft.
„Wir machen alles“, sagt der graubärtige Mann, „bei uns können Sie ein ganzes Schloss bestellen oder einen Aschenbecher aus Marmor.“ Das Gros der Aufträge liegt irgendwo dazwischen: Hier werden Grabsteine gefertigt, Skulpturen für den Garten oder Badezimmer für den gehobenen Bedarf. Bei all dem hilft seit Ende Mai Jana Himmel. Nicht täglich, aber tatkräftig.
Die gebürtige Sächsin lernte zunächst Maschinenbauzeichnerin. Rutschte, zu Wendezeiten, in Kurzarbeit, zog nach Berlin, holte das Abitur nach. „Ich habe mich schon früh für Kunst interessiert“, sagt die 38-Jährige. Die Steinmetzarbeit und Bildhauerei war eigentlich nur als Berufspraktikum gedacht, um Kunst studieren zu können. Es wurde eine Umschulung draus, die Jana Himmel als Gesellin abschloss. Studiert hat sie dann später auch noch, Objekt- und Keramikdesign in Krefeld, allerdings ohne Abschluss.
Seit der Geburt ihres ersten Kindes vor gut neun und der Zwillinge vor etwa fünf Jahren ist sie familienbedingt stark gefordert. Dennoch bescheidet sie sich nicht mit ihrem Job bei der Post, wo sie seit sieben Jahren in der Frühschicht mithilft. Sondern sie machte sich, letztlich erfolgreich, auf die Suche nach Arbeit im handwerklichen Bereich.
„Ich habe regelmäßig bei Steinmetzfirmen vorbeigeschaut“, berichtet Jana Himmel, „eigentlich aber nur auf 400-Euro-Basis gesucht.“ Als sie sich bei Uwe Kühn unangemeldet vorstellte, hatte sie Unterlagen dabei: eine Dokumentation eigener Werkstücke. Kühn konnte zufällig auch Verstärkung gebrauchen und lud die Bewerberin gleich an Ort und Stelle zur praktischen Prüfung. Ein Ornament sollte sie einem Stück Stein verleihen, Form: völlig frei.
Der gestandene Bildhauer- und Steinmetzmeister verlässt sich nämlich, aus Erfahrung, auf seine Augen und Ohren. „Wenn jemand Hammer und Meißel in die Hand nimmt, höre ich nur am Klang, ob derjenige etwas kann.“ Bei Jana Himmel klang es offenbar einwandfrei, inzwischen arbeitet sie hier an drei Tagen pro Woche insgesamt 18 Stunden.
Sie musste anfangs allerdings viel lernen. „Ich habe vorher immer nur Schrift und Ornament gemacht.“ Was fehlte: Erfahrung aus dem Baubereich, Fußböden, Treppen, Arbeitsplatten, in dem der neue Arbeitgeber ebenfalls tätig ist. Drei Monate dauerte die Einarbeitungsphase. Die Arbeitsagentur unterstützte beide Seiten in dieser Zeit durch einen „Eingliederungszuschuss“. Er kann gewährt werden, um etwa Arbeitslosen mit „Vermittlungshemmnissen“ den Neustart zu erleichtern. Im Fall von Jana Himmel wurde drei Monate lang ein Teil des Lohnes übernommen.
„Solche Eingliederungszuschüsse werden jeweils auf den Einzelfall zugeschnitten“, erklärt Beate Steinmann, die bei der zuständigen Arbeitsagentur Oberhausen als Beauftragte für Chancengleichheit tätig ist. Die Strategie, mit einer Bewerbungsmappe persönlich bei Firmen vorbeizugehen, kann die Beraterin übrigens durchaus empfehlen. „Gerade bei Handwerksbetrieben, wo nur wenige Leute arbeiten.“
Beate Steinmann, die regelmäßig Seminare zum beruflichen Wiedereinstieg anbietet und viele Fälle kennt, findet es gleichwohl „bemerkenswert, dass ein Handwerksbetrieb eine Frau in Teilzeit einstellt“.
Bei Uwe Kühn ist übrigens auch noch ein weiblicher Steinmetz-Azubi beschäftigt. Was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht, sind ihm mögliche Reibungspunkte nicht ganz fremd: „Ich habe selber drei Kinder, da weiß man wie das ist.“