Mülheim. Sie versorgte über Jahrzehnte schätzungsweise 19.000 Neugeborene in Mülheim, Ende Oktober verstarb Schwester Ingeborg. Wie ihr nun gedacht wurde.
Abschied von einer Legende: Immer mehr Menschen strömen am Sonntagmorgen in die katholische Kirche St. Mariae Geburt, um der Einladung zum Hochamt für Schwester Ingeborg am Christkönigssonntag nachzukommen. Sie war eine Institution in Mülheim.
Als junge Kinderkrankenschwester hatte sie 1952 ihren Dienst vor Ort angetreten - und jahrzehntelang Gutes getan. Um über 19.000 Babys, so schätzte sie sehr viel später, habe sie sich direkt nach der Geburt gekümmert, sie liebevoll umsorgt. Vielen, vielen Mülheimer Familien ist sie damit ans Herz gewachsen. Insgesamt 60 Jahre lang arbeitete und lebte Schwester Ingeborg als Oberin und Seelsorgerin im St. Marien-Hospital. Bereits 2001 in den Ruhestand versetzt, blieb sie trotzdem, um weiter Kontakt zu den Menschen zu halten und sie zu betreuen. Ende Oktober ist sie im Alter von 86 Jahren gestorben.
Kolleginnen der Mülheimer Schwester sind sich einig: „Sie war sehr beliebt. Sogar bei den Säuglingen“
Viele Gäste der heiligen Messe kannten Schwester Ingeborg gut. So zum Beispiel Klara Breiltgens, die 1959 ihr Examen in der Krankenpflege gemacht hat und sich gern an die Ordensschwester erinnert. „Sie war sehr beliebt. Sogar bei den Säuglingen“, sagt Breiltgens mit einem Augenzwinkern. „Sie war immer für jeden da und hatte vor allem ein offenes Ohr für die Mütter.“ Auch Karin Vrca hat lange mit ihr auf der Neugeborenen-Station gearbeitet. „Es sind ungefähr 30 Jahre gewesen. Eine tolle Zeit“, erinnert sie sich. „Ich habe mit 17 Jahren angefangen, bei Schwester Ingeborg im Marien-Hospital“, erzählt Michaela Menne. „Sie war immer sehr nett, geduldig und hilfsbereit.“
Elisabeth L‘hoest schwärmt: „Alles, was ich gelernt habe, habe ich von Schwester Ingeborg.“ 1970 legte sie das Examen zur Kinderkrankenschwester ab. Und weiß noch genau: „Sie konnte auch mal streng sein, aber immer gerecht.“ - „Und herzlich!“, fügt ihre Freundin und ehemalige Kollegin Irmgard Althaus hinzu. „Wir haben von ihr gelernt, wie man Säuglinge versorgt, sie wickelt, badet, einfach alles.“ Schwester Ingeborg habe ihre Arbeit geliebt und „der Umgang mit den Neugeborenen war einmalig“, so Althaus. „Sie legte großen Wert auf Sorgfalt“, betont L‘hoest. „Da ich eine schöne Handschrift hatte, durfte ich ihr Taufbuch führen. Das empfand ich als Auszeichnung, da sie damit ganz besonders akkurat umging.“
„Auch mich hat sie als Säugling auf dem Arm gehalten“, so Mülheims Bezirksbürgermeister
In St. Mariae Geburt liegt ein Kondolenzbuch des Marien-Hospitals aus, in das sich nicht nur Bürgermeister Markus Püll einträgt. Fast jeder findet nette Worte und Erinnerungen an die Schwester Oberin. „Auch mich hat sie als Säugling betreut und auf dem Arm gehalten“, weiß Püll. Über 19.000 Menschen, wohl auch viele der Anwesenden, wurden in den ersten Minuten ihres Lebens durch sie liebevoll und kompetent versorgt.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Kirche mit Beginn der heiligen Messe und zu den ersten Orgeltönen komplett gefüllt ist. Die erste Reihe ist für Ordensschwestern reserviert, die Abschied nehmen möchten. Alle anderen Bänke sind ebenfalls belegt und die letzten Besucher müssen sogar stehen, um dem Gottesdienst von Pfarrer Michael Janßen zu folgen.
Mülheimer Pfarrer: „Ihre Augen leuchteten, wenn sie ein Neugeborenes auf dem Arm hielt“
„Tief verwurzelt als Kraftquelle ihres Lebens hat sie ihr ganzes Leben Gott gewidmet. Um für Gott und die Menschen da zu sein“, so erinnert Pfarrer Janßen an Schwester Ingeborgs Leben. Er beschreibt sie als „humorvollen Menschen, unermüdlich und mit einem unverwechselbaren mütterlichen Herzen. Ihre Augen leuchteten, wenn sie ein Neugeborenes auf dem Arm hielt“.
Doch auch später, nach der Säuglingsstation, sei sie noch für die Menschen da gewesen. „Ihre Anwesenheit war für die Patienten wohltuend. Mit ihrem unverwechselbaren Charisma und ihrer Ausstrahlung sprach sie ihnen Mut und Trost zu. Allen Kranken schenkte sie ihre Liebe.“ Pfarrer Janßen dankt Schwester Ingeborg für ihr aufopferndes Leben und nimmt Abschied: „Ein großes Mutterherz hat aufgehört zu schlagen. Sie ist und bleibt eine unvergessene Legende im St. Marien-Hospital.“
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