Mülheim. Selua Mohammad aus Mülheim wurde jung Mutter, zieht ihre Tochter alleine groß. Ihre Ausbildung macht sie derzeit unter besondern Bedingungen.

„Dankeschön“, sagt Selua Mohammad als ihre fast vierjährige Tochter ihr ein selbstgemaltes Bild in die Hand drückt. „Jetzt mal ich noch eins für Papa“, sagt das Mädchen, die Mutter nickt. Von dem Vater ihrer Tochter ist Selua getrennt, kümmert sich alleinerziehend um das Kind. Und auch wenn der Ex-Partner ab und an da ist, einspringt – den größten Teil der Betreuung stemmte die 25-Jährige bislang alleine. Dass sie trotz dieses Umstands noch einmal den Weg auf den Ausbildungsmarkt wagt, versteht sich, zumindest für Selua, von selbst. „Ich möchte ein Vorbild für meine Tochter sein.“

Als Selua schwanger wird, endet ihre Ausbildung als Medizinische Fachangestellte vorzeitig. „Mir ist kurz vor Ablauf der Probezeit gekündigt worden“, erinnert sie sich zurück. „Das war auch nicht das Richtige für mich.“ Sie habe immer gerne im medizinischen Bereich arbeiten wollen, „aber als ich dann da war, hat es mir gar nicht gefallen.“ Die Schwangerschaft kommt zwar unerwartet, aber nicht ungewollt. „Ich habe mich gefreut und bereit gefühlt“, sagt die junge Mutter.

Mülheimerin ist seit Ende 2022 alleinerziehend und will trotzdem arbeiten

Den Umständen entsprechend läuft alles in geregelten Bahnen, Ende 2022 aber kommt es zur Trennung. Selua ist jetzt alleinerziehend, arrangiert sich mit der Situation. „Je älter meine Tochter wurde, umso mehr habe ich über ihr und auch meine Zukunft nachgedacht“, erzählt die 25-Jährige. Beim U25-Haus findet Selua Mohammad eine Anlaufstelle, Case-Managerin Bianca Klix (44) nimmt ihren Fall an. „Frau Mohammad hat sehr gute Voraussetzungen. Mit ihrer mittleren Reife und den geregelten Lebensumständen ist sie gut gestellt auf dem Markt.“

Bianca Klix (l.) ist als Case-Managerin für Selua Mohammad zuständig.
Bianca Klix (l.) ist als Case-Managerin für Selua Mohammad zuständig. © WAZ | Nikolina Miscevic

Das sieht in der Realität nicht immer so aus, wie die langjährige Berufsberaterin zu berichten weiß. Als eine von 19 Case-Managerinnen im U25-Haus am Synagogenplatz betreut sie im Schnitt 150 Menschen, die jünger als 25 Jahre sind und in der Regel an einem Scheideweg in ihrem Leben stehen. „Viele junge Menschen, die zu uns kommen, haben irgendeine Form von Ballast.“ Es gehe in der Beratung vor allem darum, zu schauen, welche Ausbildungen in Frage kommen, aber auch, welche Arbeitszeitmodelle sich anbieten. „Gerade bei jungen Eltern ist eine Ausbildung in Teilzeit oft die beste Lösung.“

Mülheimer Case-Management hilft nicht nur bei der Job-Suche

So auch bei Selua. „Wir bieten Eltern, die bei uns beraten werden auch Hilfe bei der Suche nach einem Kita-Platz an“, sagt Beraterin Bianca Klix. In gemeinsamer Arbeit entstehen Bewerbungsunterlagen, die Angebote werden gesichtet. „Ich wusste direkt, was ich für mich ausschließen kann“, so Selua. „Am besten passt ein Bürojob.“ Zunächst hatte die 25-Jährige eine Ausbildung zur Automobilkauffrau in Aussicht, dann aber ergab sich eine andere Gelegenheit – „das passte einfach viel besser“.

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Und so ist Selua seit September bei der Stadt Oberhausen als Auszubildende zur Stadtsekretäranwärterin beschäftigt. „Es macht bislang Spaß, aber ist auch stressig“, sagt sie. Der Wecker klingelt meist schon um 5.30 Uhr, „ich brauche morgens ein bisschen Zeit für mich“. Wecken, fertig machen, Brotdose packen und Abfahrt – „wenn wir im Auto sitzen, bin ich immer froh, dann ist der erste Stress erledigt“, sagt die 25-Jährige. Zwei Mal die Woche besucht Selua ein Studieninstitut in Duisburg, lernt dort den theoretischen Teil ihrer Ausbildung. Die anderen drei Tage die Woche verbringt sie im Büro, dort in Teilzeit.

Selua aus Mülheim: „Zwei Jahre vergehen auch sehr schnell“

„Insgesamt dauert die Ausbildung in diesem Fall zwei Jahre“, erklärt Case-Managerin Bianca Klix. Es gibt verschiedene Modelle – „je nachdem, was der Arbeitgeber so möglich macht.“ Für Selua ist die Stelle in Oberhausen ideal: „An den Tagen, an denen ich Schule habe, springt der Vater ein, aber wenn ich im Büro bin, kann ich abholen.“ Die erste Routine ist also schon da. „Und zwei Jahre vergehen auch sehr schnell.“

Das U25-Haus am Synagogenplatz 3 ist montags, dienstags und donnerstags von 8 bis 16 Uhr geöffnet, freitags von 8 bis 14 Uhr und freitags geschlossen. Terminvereinbarungen sind telefonisch unter 0208 455-5470 oder per Mail an info@u25er.de mehr Infos finden Sie hier.

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