Mülheim. 230 Jahre lang war die Apajopi-Ranch ein ganz normaler Mülheimer Bauernhof. Dann kam die achte Generation und machte alles anders - aus Liebe.
Sie haben Ortschaften begründet, sind bis heute Namensgeber und landschaftsprägend: Raadt, Dümpten, Menden und Holthausen wären wohl keine größeren Siedlungen geworden, wenn es dort nicht zunächst Bauern gegeben hätte. In einer neuen Reihe stellen wir alte Höfe vor, zum Teil mit jahrhundertelanger Tradition. Einige von ihnen werden bis heute landwirtschaftlich genutzt, andere wurden zu idyllischen Wohnsitzen oder dienen der Verwirklichung eines ganz individuellen Lebenstraumes. So auch der erste Hof unserer Serie: die Apajopi-Ranch im Forstbachtal.
Wer von der Mendener Straße auf den Steinknappen abbiegt, kann gar nicht anders, als den urigen alten Hof zu bemerken, der so makellos gepflegt aussieht, als hätte ihn jemand direkt in die sattgrüne Landschaft hineingemalt. Vor allem das Ensemble aus Scheune und Fachwerkhäusern, der kleine Steinbrunnen und der Bach, der mitten durch das Hofgelände fließt, wecken Bullerbü-Gefühle vom Feinsten. Im Buch „Menden in Mülheim an der Ruhr. 1200 Jahre Geschichte“ von Andreas ten Brink heißt es zwar wenig schmeichelhaft: „Die eher ungünstige Lage des Hofs - nahe dem Forstbach bei Überschwemmungsgefahr, dazu im Feuchtgebiet - spricht für eine Lage zweiter Wahl.“ Allerdings erfährt man auch, dass an dieser Stelle schon seit dem 15. Jahrhundert Landwirtschaft betrieben wurde - ziemlich lang für eine zweite Wahl.
Sieben Generationen Mülheimer Bauern - dann die Kehrtwende
Hausherr Alfred Papenhoff steht in der Küche des 1738 errichteten Bauernhauses, in dem schon sieben Generationen seiner Familie vor ihm gelebt und gewirkt haben. An der rustikalen Holzdecke sind die Spuren des offenen Feuers zu sehen, über dem hier früher gekocht wurde. Vor ihm auf dem Tisch steht ein Stapel mit alten Fotoalben aus Leder, eines von ihnen mit einem Hufeisen verziert. War es jemals eine Option für ihn, den Hof zu verlassen? „Nein, eigentlich nicht“, sagt er nach kurzem Nachdenken.
Selbsterklärend ist diese Antwort nicht, denn Alfred Papenhoff ist im Gegensatz zu seinen Vorfahren nicht in die Landwirtschaft gegangen. „Ich habe zwar eine landwirtschaftliche Ausbildung gemacht, aber mir war relativ schnell klar, dass ich den Hof in heutiger Zeit nicht wirtschaftlich führen kann.“ Ein Praktikum auf einer Farm in Kanada, wo Bauernhöfe Großbetrieben gleichkommen, habe ihn in der Entscheidung bestärkt. Mit Mitte 20 machte Alfred Papenhoff die Kehrtwende, absolvierte eine Ausbildung zum Hotelkaufmann und leitete 30 Jahre lang die Rezeption im früheren Intercontinental in Düsseldorf, heute Radisson. All die Jahre pendelte er täglich vom Forstbachtal in die Landeshauptstadt. Heute ist Papenhoff 75 Jahre alt und längst in Rente.
Wohnen im Schweinestall - was nach der Landwirtschaft kam
50 Jahre ist der Abschied von der Landwirtschaft jetzt her. Der ehemalige Kuh- und Schweinestall ist längst zu Mietwohnungen umgebaut. Im alten Rübenkeller steht jetzt die Ölheizung. Und doch ist im Forstbachtal noch immer einiges los, was nach Bauernhof aussieht. Da sind zum Beispiel die freilaufenden Hühner, der Hofhund Django und die alte Scheune mit Spitzdach und grünem Holztor. Da ist der Schriftzug Apajopi-Ranch auf dem Tor, die große Vogelvoliere mit dem prachtvollen Fasan oder auch die Cowboystiefel, die als Deko am Scheunentor hängen.
Das Cowboy-Flair kam mit Jörg Piontek auf den Hof. Seine Leidenschaft galt schon immer den Pferden. Erst als hauptberuflicher Jockey, später dann widmete er sich dem Westernreiten, das der Arbeitsweise der Cowboys nachempfunden ist. In den Achtzigern kreuzten sich auf einer Rennbahn in Baden-Baden die Wege von Hobbyreiter Alfred Papenhoff und dem Jockey und trennten sich seitdem nicht mehr. Jörg Piontek brachte seine Pferde auf dem Hof unter, darunter den heute 29 Jahre alten Mr. Bad Money. Er züchtete selbst und brachte Alfred Papenhoffs reitbegeisterter Mutter mit über 70 Jahren das Westernreiten bei. „Für meinen Vater wurde er zum Ansprechpartner für Hofangelegenheiten, wenn mal etwas repariert werden musste.“ Aber zum Schwiegersohn wurde er offiziell nicht. „Das wäre undenkbar gewesen“, sagt Alfred Papenhoff.
285 Jahre Mülheimer Hofleben - ein Blick in die Zukunft
Jörg Piontek zog erst nach dem Tod der Eltern auf den Hof. 2010 heiratete das Paar. Wenn man Jörg Piontek fragt, was das Wort Apajopi-Ranch bedeutet, sagt der 59-Jährige schmunzelnd: „Das ist indianisch und bedeutet: alles aus Liebe.“ Danach verrät er gleich, dass in Wahrheit die Initialen der Männer dahinter stecken. Aber wer betrachtet, wie viel Herzblut in dieses Fleckchen Erde fließt, kommt nicht umhin, bei der ersten Bedeutung bleiben zu wollen.
285 Jahre, ein Hof, eine Familie - wie wird diese Geschichte weitergehen? Alfred Papenhoff hat weder Geschwister noch gibt es jemanden in der weitläufigen Verwandtschaft, der Interesse an dem Hof bekundet. „Vielleicht wäre eine Stiftung eine Lösung“, sagt der Hoferbe.