Mülheim. Die Stadt will ein positives Signal senden und Mülheims Schleuseninsel attraktiv bepflanzen. Doch die Finanzierung bleibt weiterhin unsicher.
Ein gutes halbes Jahr haben die Mülheimer auf einen Beschluss zur Zukunft der Bepflanzung auf dem Wahrzeichen „Schleuseninsel“ warten müssen. Doch nicht nur könnte die nun getroffene Regelung die Erwartung auf eine baldige Verschönerung enttäuschen, vielmehr droht eine Entscheidung aus Düsseldorf, den aktuellen Stillstand auf dem beliebten Ausflugsziel zu zementieren.
Die zunächst gute Nachricht: In der Bezirksvertretung 1 hat die Politik grundsätzlich beschlossen, die zum Jahresanfang mit Rollrasen überdeckten Beete mit heimischen Pflanzen wieder herzustellen. Bezirksbürgermeisterin Britta Stalleicken (Grüne) setzte sich für eine nachhaltige mehrjährige Stauden-Lösung ein. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr hatte die Verwaltung offenbar ohne Information an die Politik und Bezirksvertretung entschieden, die Mittel für die Bepflanzung der Schleuseninsel für 2023 abzuziehen.
Verwaltung entschied, Mittel für Schleuseninsel anders zu verwenden
Auch interessant
Die seit Jahrzehnten dafür vorgesehenen Mittel von zuletzt rund 43.000 Euro wurden umgeleitet in die Pflege der städtischen Friedhöfe. Die durch Stadt und Stadttourismus als „besondere Insel“ beworbene Schleuseninsel musste sich stattdessen mit tristem Rollrasen begnügen. Der Groll von überraschten Bürgern löste aber nicht nur die Gründung eines neuen Verschönerungsvereins aus, sondern auch bürgerliche wie politische Anstrengungen, doch noch eine alternative Bepflanzung hinzubekommen.
Daraufhin trugen CDU-Sprecher Hansgeorg Schiemer über den Mülheimer Verkehrsverein sowie die Bezirksvertretung kurzfristig Mittel von 25.000 Euro zusammen. Doch selbst die führten nicht dazu, die Beete in diesem Jahr wieder attraktiv zu machen.
Bepflanzung des Mülheimer Wahrzeichens hängt nun von Spenden ab
Und es bleibt auch weiter fraglich, ob sie im kommenden Jahr oder sogar Jahren für blühende Beete sorgen werden. Denn das ist die Kehrseite des Beschlusses, der die Erwartungen an eine baldige Lösung enttäuschen dürfte: „Ziel ist es eine Staudenbepflanzung so umzusetzen, dass sie im Jahr der IGA 2027 ein attraktives Bild zeigt“, heißt es im Antrag der Verwaltung, dem die Politik zustimmte.
Und selbst hier steht nur unter Vorbehalt, dass die dafür notwendigen Mittel von nunmehr 70.000 Euro inklusive Pflege schon bis Ende 2023 zur Verfügung stehen. Denn spätestens dann müssten die vorgesehenen Stauden geordert werden, die sich bis 2027 entwickeln sollen. Andernfalls bleiben die Beete auch im nächsten Jahr kahl. Dazu erklärt die Stadt: „Für den Haushalt 2024 ff. sind Ausweitungen nicht zulässig. Aus diesem Grund stehen keinerlei finanzielle Mittel für die Umsetzung einer nachhaltigen Staudenbepflanzung der Schleuseninsel zur Verfügung. Sie kann nur zur Ausführung gebracht werden, wenn die erforderlichen finanziellen Mittel durch Spenden zur Verfügung gestellt werden können.“
CDU sieht im Beschluss ein „Signal der Entschlossenheit“
Mit dem Schritt der Stadt, die ehemals aus Haushaltsmitteln finanzierte Bepflanzung nun gänzlich über Spenden zu finanzieren, steht das Erscheinungsbild der Schleuseninsel nun auf wackeligen Füßen. Und riskiert damit, das beworbene Ausflugsziel weiter veröden zu lassen. Dennoch nannte der CDU-BV-Fraktionschef Hansgeorg Schiemer den Beschluss ein „Signal der Entschlossenheit der BV1 für eine Bepflanzung“.
Nur, wer hört die Signale? Schiemer musste gleichwohl einräumen: Man werde wohl zur Haushaltsberatung darüber eine schwierige Debatte führen müssen, denn bislang sind wohltätige Spender nicht bekannt geworden, die die bestehende Finanzierungslücke zu den errechneten 70.000 Euro schließen würden. Vielleicht aber würden sich noch „andere Vereine anschließen“, die im Frühjahr lautstark den Zustand beklagt hätten, so Schiemer.
Mülheimer Verschönerungsverein kritisiert: „Klar ist, dass nichts klar ist“
Der CDU-Fraktionssprecher zielte damit auf den seit März bestehenden Mülheimer Verschönerungsverein. Dessen Gründungsvorsitzender Filip Fischer (SPD) zeigt sich irritiert, denn noch vor einigen Monaten hatte der Verein ein Konzept mit Palmen vorgelegt, die den Wasserbahnhof zu seinem einstigen exotischen Glanz als touristisches Highlight verhelfen sollten. Das Konzept aber wurde in der Verwaltung und in der Politik nicht einmal öffentlich diskutiert.
Nun „erfolgt ein Hilferuf aus der Bezirksvertretung: Weil ihr Konzept auf wackeligen Beinen steht, sollen wir aushelfen. Wieso öffnen sich unsere Entscheider im Rathaus nicht für ein bürgerschaftliches Beteiligungsprojekt, indem es um mehr geht als nur Spendensammeln?“, fragt Fischer und bedauert: „Eines ist und bleibt für unsere Schleuseninsel klar – dass nichts klar ist.“
Überschwemmungsgebiet verschärft Auflagen für Anlagen auf der Insel
Auch die SPD stimmte für die Staudenlösung, zeigt sich allerdings darüber irritiert: „Ich bin davon ausgegangen, dass es einen Runden Tisch mit Vereinen und Bürgern geben wird, mit denen ein Konzept erst erarbeitet wird“, meint Oskar Obarowski. Denn der SPD-Fraktionssprecher in der BV sieht ohne eine ehrenamtliche Beteiligung kaum Chancen für blühende Beete.
Das Dilemma um Mülheims Wasserbahnhof – lesen Sie hier weiter
- Mülheimer Wasserbahnhof: Bürger wollen Rollrasen nicht hinnehmen
- Wasserbahnhof: Wäre ein Rückkauf die Lösung für das Ausflugsziel?
- Die bewegte Geschichte des Mülheimer Wasserbahnhofs
- Nach dem Hochwasser: Abriss des Wasserbahnhofs nicht ohne Erlaubnis
- Wohnen im Wasserbahnhof: So stemmt sich die Politik dagegen
Doch zur Unklarheit über Zukunft der Schleuseninsel und insbesondere des Wasserbahnhofs trägt nicht zuletzt bei, dass die Bezirksregierung Düsseldorf kürzlich die Insel zum Überschwemmungsgebiet erklärte. Denn damit haben sich die Bedingungen für Gebäude und Anlagen – auch jene im Bestandsschutz – verschärft. So müssen etwa Erweiterungen und Veränderungen hochwasserangepasst erfolgen, wie die Bezirksregierung auf Anfrage der Redaktion mitteilt.
Denn der Wasserstand und der Abfluss bei Hochwasser dürften durch Anlagen nicht weiter nachteilig verändert werden. Überschwemmungsgebiete stünden daher nicht zur Disposition der Kommune, sagt Düsseldorf. Mülheim hatte aber Möglichkeit zur Stellungnahme und hätte Hinweise auf mögliche Unstimmigkeiten in der Kartendarstellung geben können.
Erschwerte Bedingungen für Wasserbahnhof: Sind auch Beete in Gefahr?
Im Umweltausschuss bezog Dezernent Felix Blasch zur Schleuseninsel noch einmal Stellung zu den Folgen der Auflagen. So können sich „aus den zusätzlichen Anforderungen an den Hochwasserschutz entsprechende Auflagen in den Baugenehmigungsbescheiden ergeben, die geeignet sind, die Baukosten wesentlich zu erhöhen und damit Projekte wie die Nachnutzung des leerstehenden Wasserbahnhofs zu erschweren“.
Gehen damit die Pläne für eine baldige Gastronomie als Anziehungspunkt ebenfalls unter? Schließlich steht inzwischen insolvenzbedingt sogar das von der Pia geführte „Café am Fluss“ im Haus Ruhrnatur vor dem Aus. Der Eigentümer des Wasserbahnhofs – die Conle Group – hat sich bislang nicht geäußert. Doch nicht nur hier bahnen sich Kosten an, die Investoren abschrecken können. Auch für das Haus Ruhrnatur und das Kraftwerk ergäben sich „zusätzliche Sicherungsmaßnahmen“.
Und ein weiterer Punkt ist zu klären: Im Allgemeinen sei es im Überschwemmungsgebiet nicht zulässig, Grünland in Ackerland umzuwandeln oder Baum- und Strauchpflanzungen anzulegen, besagen die Auflagen. Wirkt sich das auf die künftige Beetbepflanzung aus? Blasch: „Die gesetzlichen Verbote von Baum- und Strauchpflanzungen sowie der Grünladumwandlung zielen auf die Vermeidung von Abflusshindernissen bzw. Erosionsprozessen in der Hochwassersituation. Die Staudenpflanzung stellt aus meiner Sicht weder ein Abflusshindernis dar noch begünstigt sie die Bodenerosion. Insofern gehe ich nicht davon aus, dass es hier zu einem Problem kommt.“