Mülheim. Seit neun Jahren wird am und im Otto-Pankok-Gymnasium gebaut. Wie Schulalltag im Baulärm gelingt und warum manche Lehrer gefühlt im Auto leben.

Wer wissen will, wie ein positives Mindset funktioniert, könnte mal im Büro von Jens Schuhknecht vorbeischauen. Er ist seit zwei Jahren Leiter des Otto-Pankok-Gymnasiums, kennt seinen Arbeitsplatz nur als Dauerbaustelle und seine bis zu 90 Lehrkräfte „am Limit“, wie er sagt. Trotzdem fällt der Blick in seinem Büro zuallererst auf eine große Schneekugel mit gelbem Glitzer, einem Smiley-Gesicht und der Aufschrift „positive state of mind“, was so viel heißt wie „frohen Mutes“.

Seit neun Jahren wird das Otto-Pankok-Gymnasium erweitert und modernisiert und ist damit ein Schulbauprojekt besonderer Größenordnung für die Stadt. Der stellvertretende Schulleiter Ulrich Bender war von Anfang an dabei und koordiniert das Projekt bis heute. Das bedeutet „viel sensible Kommunikation“ mit Stadt, Architekt, Handwerkern, Lehrern und Eltern. Wir wollten wissen: Wie macht man Schule auf einer Dauerbaustelle? Und wann ist das neue Otto Pankok endlich fertig?

Mülheims Mammutprojekt begann mit einer bröckelnden Fassade

Eine kleine Rekapitulation des Mammut-Projektes: Alles begann 2014 mit einer bröckelnden Fassade, die erneuert werden sollte. Dann kamen neue Brandschutzbestimmungen dazu, weshalb im alten Gebäude sämtliche Deckenverkleidungen entfernt wurden - bis heute. Schließlich fiel der Entschluss, einen Teil des Schulgebäudes abzureißen und einen Neubau mit zusätzlichen Klassenräumen und Mensa zu errichten. Weil durch den Teilabriss Räume fehlten, wurden die etwa 200 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in die aufgegebene Hauptschule an der Bruchstraße ausgelagert. Seitdem herrscht alltäglicher Ausnahmezustand.

Corona, Ukraine-Krieg, Facharbeitermangel und viele, viele Vorschriften für öffentliche Bauvorhaben: Viele Faktoren haben die Bauarbeiten am Otto-Pankok-Gymnasium in Mülheim erschwert. Ostern 2024 soll endlich der Neubau eingeweiht werden.
Corona, Ukraine-Krieg, Facharbeitermangel und viele, viele Vorschriften für öffentliche Bauvorhaben: Viele Faktoren haben die Bauarbeiten am Otto-Pankok-Gymnasium in Mülheim erschwert. Ostern 2024 soll endlich der Neubau eingeweiht werden. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

„Das Kollegium lebt letztendlich im Auto“, sagt Schulleiter Jens Schuhknecht. Mehrfache Ortswechsel pro Tag seien nicht zu vermeiden. Etwa zehn Minuten dauert die Fahrt vom einen Schulstandort zum anderen - wenn man nicht gerade hinter dem Müllwagen festklemmt. Wer zu spät kommt, muss bei den unteren Stufen eine Vertretung anfordern. „Gerade durch das Rumreisen haben wir aber Probleme mit Aufsichten und Vertretungen“, erklärt Ulrich Bender. Ein weiteres Problem beim Unterrichten im Provisorium ist, dass man sich kaum sieht. „Im Lehrerzimmer zusammenkommen, sich mal eben persönlich über einen Schüler austauschen - das fällt weg“, sagt Jens Schuhknecht. Die Pausenzeiten wurden extra verlängert, damit Gespräche mit Schülern nach der regulären Unterrichtszeit möglich bleiben. „Wahnsinnige Reibungsverluste“ nennt das Jens Schuhknecht und lobt: „Ich bewundere die Kollegen. Die Durststrecke ist schon sehr lang.“

Wenn der Neubau eingeweiht ist, geht der Bau in die nächste Runde

Der Neubau soll Ostern 2024 nach knapp drei Jahren Bauzeit endlich eingeweiht werden. Aber damit ist die Baumaßnahme noch längst nicht abgeschlossen. Dann nämlich ziehen die etwa 750 Schüler aus dem alten Gebäude raus und teilen sich auf den Neubau sowie auf zwölf Container-Klassenräume auf, die auf dem jetzigen Lehrerparkplatz aufgestellt werden. Dann soll - sofern die Maßnahme diesmal im Zeitplan bleibt - in etwa eineinviertel Jahren das alte Schulgebäude saniert werden, bevor endlich wieder alle 950 Schüler an einem Ort vereint werden.

„Wenn man privat ein Haus baut, ist nach zwei Jahren alles erledigt. Man kann ja kaum vermitteln, wie lange öffentliches Bauen dauert“, sagt Stellvertreter Ulrich Bender und spricht danach eine zweite große Baustelle an: Die Kommunikation mit den Eltern. „Wenn wir uns beim Tag der offenen Tür präsentieren, sehen die Schüler immer nur die bunten Bilder an den Wänden, aber die Eltern sehen die unverkleideten Decken und die Baustelle.“ Seit der Neubau weit fortgeschritten ist, können sich die Familien immerhin einen Eindruck davon machen, wie die neue Schule einmal aussehen wird. Denn das steht außer Frage: Es wird schön.

Die neuen Räume im Mülheimer Gymnasium sind topmodern

Der neue Haupteingang gibt schon jetzt den Blick auf ein großzügiges Forum frei. Die Mensa bekommt bodentiefe Fenster und einen Außensitzbereich mit hochwertigen Möbeln aus Holz und Metall. Die Klassenzimmer werden mit digitalen Tafeln auf dem neuesten Stand der Technik ausgestattet. Zudem soll es großzügige Aufenthaltsbereiche außerhalb der Klassenräume mit Lerninseln geben. „Durch die digitalen Möglichkeiten löst sich Unterricht vom Klassenraum“, sagt Ulrich Bender. Ihm ist es besonders wichtig, dass bei den Gesprächen mit Stadt, Bauleitung und Handwerkern auch Eltern mit am Tisch sitzen, damit diese wiederum nach außen tragen können, dass es vorangeht.

Der letzte Bauabschnitt: Wenn alles andere geschafft ist, sollen diese Pavillons aus den Siebzigerjahren weichen und zusätzliche Schulhoffläche freigeben. Aktuell sind dort drei Klassenzimmer und die Über-Mittag-Betreuung untergebracht.
Der letzte Bauabschnitt: Wenn alles andere geschafft ist, sollen diese Pavillons aus den Siebzigerjahren weichen und zusätzliche Schulhoffläche freigeben. Aktuell sind dort drei Klassenzimmer und die Über-Mittag-Betreuung untergebracht. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

„Die Gespräche mit den Verantwortlichen liefen immer gut. Alle tragen dazu bei, dass es funktioniert“, sagt Bender und meint damit vor allem den Baulärm. „Manchmal verlegen wir Klausuren in andere Räume, damit die Schüler nicht durch Lärm gestört werden. Manchmal sagen wir aber auch, dass bestimmte Arbeiten verschoben werden müssen. Es ist eine permanente Absprache.“

Mülheimer Schulleiter weiß: Vor der Euphorie kommt das Durchatmen

Bevor Jens Schuhknecht an die Otto-Pankok-Schule kam, war er kommissarischer Leiter des Karl-Ziegler-Gymnasiums. Auch dort gab es eine mehrjährige Renovierungsphase und der Schulleiter weiß aus Erfahrung: Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, ist noch nicht alles vorbei. „Dann brauchen die Kollegen erst mal Zeit zum Durchatmen.“

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