Mülheim. Mit dem „Open Sunday“ reagiert die Stadt Mülheim auf Kritik, sie habe die Kinder nach Corona zu wenig im Blick gehabt. Was die Schüler erwartet.

Dass während der Corona-Pandemie vor allem die Bewegung von Kindern auf der Strecke geblieben ist und dass dies bis heute teils gravierende Auswirkungen hat, ist kein Geheimnis mehr. Mehrere Studien sind entstanden, darunter auch eine, die auf einer großangelegten Befragung von Mülheimer Schülern und Schülerinnen beruht. In einem Pilotprojekt an vier Sonntagen will die Stadt nun gemeinsam mit der Sportjugend, der Universität Duisburg-Essen, der Schule am Dichterviertel und dem Gymnasium Heißen etwas dagegen tun – und lädt ab kommendem Wochenende zum „Open Sunday“ ein. Heißt: Jungen und Mädchen können sich unentgeltlich in einer Sporthalle austoben.

Den Anstoß dafür gab unter anderem Professor Christian Reintjes. Der Bildungsforscher, der an der Uni Osnabrück Schulpädagogik lehrt, war Initiator der Mülheimer Studie und hatte im Nachgang unter anderem den „Open Sunday“ vorgeschlagen, ein offenes und inklusives Bewegungsangebot für Schülerinnen und Schüler, das in Osnabrück schon erfolgreich laufe.

„Knapp einem Drittel der Mülheimer Kinder und Jugendlichen ist es schlecht ergangen“

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Reintjes hatte mit seiner Studie 2022 herausgefunden, „dass es knapp einem Drittel der Mülheimer Kinder und Jugendlichen in der Coronakrise schlecht ergangen ist“. Leider sei diese Erkenntnis von Politik und Verwaltung lange nicht ernstgenommen worden, bemängelte er damals. „Die psycho-emotionale Dimension der Krise ist nicht aufgearbeitet worden“, so einer seiner Vorwürfe.

Der Wissenschaftler machte unmissverständlich klar: „Wenn wir uns nicht kümmern, wird es deutlich mehr Kinder und Jugendliche mit massiven psychischen Problemen bis ins Erwachsenenalter geben.“ Die Folgen der Pandemie könnten sich auf unterschiedliche Lebensbereiche der jungen Menschen auswirken, „zum Beispiel auf ihre Bindungs- oder ihre Teamfähigkeit“.

Mülheims Sportverwaltung arbeitet eng zusammen mit der Uni Duisburg-Essen

Nun wird also auch in Mülheim die Idee umgesetzt, dass sich der Nachwuchs im unmittelbaren Sozialraum unentgeltlich austoben kann. Als möglichen Partner hatte Mülheims Sportverwaltung Kontakt zur Uni Duisburg-Essen aufgenommen, Professor Ulf Gebken organisierte das Projekt bereits für die Nachbarstadt, beriet aber auch schon Mülheims Grundschule am Dichterviertel. Dort wird das Pilotprojekt nun auch stattfinden – und sich, so die Hoffnung, später womöglich auch an anderen Orten etablieren.

Das Angebot richtet sich an alle Kinder im Stadtteil zwischen sechs und zwölf Jahren. Sie sollen die Halle zu Fuß auf einem ihnen bekannten Weg erreichen können. „Der klassische Ablauf eines Open Sundays ist geprägt durch freie Spielphasen an verschiedenen Stationen und Geräten, die durch gemeinsame, bewegungsintensive Spiele mit allen Kindern ergänzt werden“, heißt es im offiziellen Flyer.

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Los geht’s am Sonntag, 17. September, in der Turnhalle an der Bruchstraße 85: von 13.30 bis 16.30 Uhr. Die weiteren Termine sind der 24. September sowie der 1. und der 8. Oktober. Betreut werden die Kinder von Studierenden der Uni sowie von eigens noch am Freitag, 15. September, ausgebildeten Sporthelfern des Gymnasiums Heißen.

Leiterin des Mülheimer Sportservice: „Wir brauchen deutlich mehr Übungsleitende“

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„Es gibt in Mülheim bereits viele Projekte in dieser Richtung, aber das ist nun etwas, was regelmäßig stattfindet“, begründet Martina Ellerwald, Leiterin des Mülheimer Sportservice, die Entscheidung für den „Open Sunday“. Heißt: Es soll nicht bei den vier Sonntagen bleiben. „Es wäre natürlich sinnvoll, dass es fortgeführt und ausgebreitet wird“, sagt Ellerwald und denkt dabei auch an andere Stadtteile.

Die Herausforderung bleibe das Finden von Übungsleitenden. „Einen oder zwei braucht man pro Veranstaltung in jedem Fall, plus Sporthelfer“, so die MSS-Chefin.

Der Eintritt ist frei, eine offizielle Anmeldung nicht erforderlich. Mitzubringen sind Sportkleidung, Hallenschuhe und ein Zettel mit Kontaktdaten, damit die Eltern im Ernstfall benachrichtigt werden können. Dieser kann auf muelheim-ruhr.de/cms/open_sunday heruntergeladen werden.