Mülheim. Monate, auch weit über ein Jahr hinaus warten Klienten des Mülheimer Ausländeramtes. Einigen reichte es, sie klagten. Teilweise sogar mit Erfolg.
Die Personalnot im Ausländeramt ist akut, immer wieder wird der Ruf nach Fachkräften laut. Indes wachsen die Wartezeiten derer, die in Mülheim als ausländische Bürgerinnen und Bürger gemeldet sind und sich um ihren Aufenthaltsstatus kümmern, etwa einen Antrag auf Einbürgerung gestellt haben. Erst im Februar hieß es noch, dass sich die Wartezeit an dieser Stelle verdoppelt habe, von etwa sechs Monaten vor einigen Jahren noch auf mittlerweile zehn bis zwölf Monate. Grund genug für einige Menschen, die Stadt zu verklagen: Sechs Mal sei im laufenden Jahr eine Untätigkeitsklage gegen die Ausländerbehörde angestrengt worden und eine davon ging bereits zum Nachteil der Stadt aus.
- Lesen Sie auch: Wartezeit für Einbürgerung hat sich in Mülheim verdoppelt
Wie Ordnungsamtsleiterin Kerstin Kunadt jüngst im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung berichtete, sehe sich die Behörde – erneut – einem enormen Personalmangel ausgesetzt. „Es war zwischendurch wieder besser, aber aktuell ist es wieder schlecht.“ So fehlten derzeit zwei von vier Gruppenleitern und vier Sachbearbeiter. Kürzlich erst seien zwei neu eingestellt worden, die Einarbeitung koste viel Zeit, die an anderer Stelle fehle.
Mülheimer Behörden sehen sich vom Fachkräftemangel gebeutelt
Aktuelle Zahlen dazu, wie viele Fälle im Ausländeramt offen sind und wie viele davon die Behörde in Bearbeitung hat, gibt es auf Nachfrage nicht. Wie groß das Umsetzungsdefizit ist, bleibt offen. Die Stadt erklärt dazu: „Die Ausländerbehörde wäre auch bei Vollbesetzung überlastet. Die Anzahl der Personen, die nach Mülheim kommen, steigt stetig.“ Darüber hinaus sei der Fachkräftemangel sei kein lokales Phänomen und treffe nicht nur Mülheim allein – auch andere Ausländerbehörden seien laut der Ordnungsamtsleiterin weit davon entfernt, ihr Soll zu erfüllen.
Diesen Eindruck bestätigt Şermin Uzunkol, die als Fachanwältin für Migrationsrecht in Mülheim tätig ist: „Die Fluktuation in den Behörden ist hoch, das macht sich beim Bearbeitungsstau bemerkbar.“ Immerhin habe die Mülheimer Ausländerbehörde gegenüber den Nachbarstädten wie Essen und Duisburg – „dort ist die Situation noch schlimmer“ – den Vorteil, dass sich die Bürgerinnen und Bürger auch ohne Termin anstellen könnten. „Das ist eine gute Sache, aber es kommt eben sehr oft vor, dass man vertröstet wird.“
Mülheimer Ausländeramt muss gesetzliche Frist von drei Monaten erfüllen
Gesetzlich vorgeschrieben ist nach Verwaltungsgerichtsordnung des Landes Nordrhein-Westfalen, dass die maximale Bearbeitungsdauer für sämtliche mit einem Antrag verbundenen Verwaltungsakte bei drei Monaten liegt. Nach Informationen unserer Redaktion liegen die Wartezeiten von Klientinnen und Klienten der Mülheimer Ausländerbehörde weit über der Vorgabe, teilweise bei mehr als einem Jahr. In Einzelfällen sei es sogar so weit gegangen, dass Betroffene aus Mülheim in eine andere Stadt gezogen seien, um in die Zuständigkeit einer anderen, schnelleren Behörde zu landen.
+++Personalnot in Mülheims Rathaus: Wo die Probleme liegen+++
„Die tatsächlichen Bearbeitungszeiten variieren sehr stark“, heißt es dazu von der Stadt. Man sei nicht nur von den Personalkapazitäten in der Ausländerbehörde abhängig, „sondern auch von der Vollständigkeit der notwendigen Dokumente und Recherchen zu anderen Einbürgerungsvoraussetzungen.“ Unter Umständen könnten einzelne Abfragen – etwa zur Straffreiheit der Antragsstellenden – bis zu fünf Monate in Anspruch nehmen.
Mülheimer Anwältin: „Viele haben Skrupel vor einer Klage“
Sind die vorgeschriebenen drei Monate erstmal überschritten, sei eine Klage nicht für jeden eine realistische Option, erklärt Juristin Şermin Uzunkol: „Viele haben Skrupel und fürchten, dass sich eine Klage negativ auf den ausstehenden Antrag auswirken könnte.“ In den meisten Fällen genüge es schon, einen Rechtsbeistand einzuschalten und rechtliche Schritte anzudrohen. „Das beschleunigt die Bearbeitung dann“, so Uzunkol.
Wer klagt, wird aber nicht gleich eingebürgert. „Folge einer erfolgreichen Untätigkeitsklage ist nicht, dass eine Einbürgerung erfolgt, sondern, dass eine Entscheidung gefällt wird“, erklärt die Stadt dazu. Die Konsequenz aus der bereits entschiedenen Untätigkeitsklage gegen die Stadt: Die Behörde musste die Bearbeitung des Falls vorziehen.
Mülheims Ausländerbehörde – so berichteten wir:
- „Untragbar, unfair“: Wie belastet ist Mülheims Ausländeramt?
- Leiterin legt Misere im Ausländeramt schonungslos offen
- Ausländeramt Mülheim: „Es ist ein unfassbares Desaster“
- Ausländerbehörde: „Weniger Zeit für immer mehr Menschen“
- Mülheims Ausländeramt überlastet: Was die Stadt nun ändert
>>> Warteschlangen vor dem Ausländeramt
- Um die Warteschlangen vor der Ausländerbehörde an der Leineweberstraße zu entzerren, sei der Eingangsbereich des Amtes umgebaut worden. „Wir hatten das Problem, dass die Kontrolle durch die Security sehr zügig voran ging, es dann aber an der Anmeldung hakte“, so Kerstin Kunadt.
- Die Theke sei nun baulich versetzt worden, sodass im Inneren des Gebäudes mehr Platz für Wartende ist. „Damit ist das Nadelöhr beseitigt“, hofft Kunadt. Unter Umständen könne es bei Stoßzeiten aber immer noch zu Warteschlangen vor dem Gebäude kommen.