Mülheim. Bereits vor einem Jahr geriet die Mülheimer Ausländerbehörde in die Kritik, weil Menschen vor der Tür stehen mussten. Eine Lösung scheint fern.
Fast täglich kann man die langen Menschenschlangen vor dem Ausländeramt an der Leineweberstraße sehen. Bis zur Ruhrstraße und weiter stehen sie dicht an dicht in Kälte und Regen: Erwachsene mit Kindern und Unterlagen in der Hand, Maske über der Nase – und gelegentlich auch unterm Kinn. Bereits vor einem Jahr hatten die Grünen genau diesen Zustand kritisiert und um Abhilfe gebeten. Doch die Verbesserungen waren offenbar nur vorübergehend.
Bei frostigen Temperaturen sei es nicht zuzumuten, allzu lange draußen zu stehen, weil dies die Gesundheit massiv gefährden könne – so appellierte im November 2020 Justin Fonkeu, Stadtverordneter der Grünen, an die Verwaltung, Abhilfe vor dem Ausländeramt zu schaffen. Etwa mit zusätzlichen Räumen. Und diese antwortete prompt: „Die langen Warteschlangen von bis zu 40 Menschen, die teilweise bis zur Schloßbrücke standen, gehören der Vergangenheit an“, hieß es damals.
Das Problem: Raummangel – 1500 Menschen besuchen das Ausländeramt pro Woche
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Doch die vermeintliche „Vergangenheit“ holt die Stadt just wieder ein, weil lediglich die Corona-Verordnung vor einem Jahr dafür gesorgt hatte, dass Sprechstunden nur noch auf Termin vergeben wurden. An einer echten Lösung für die Zeit danach, hat offenbar niemand gearbeitet.
So stauen sich erneut Menschen über Stunden vor dem Ausländeramt, weil es seit Juli wieder freie Sprechzeiten gibt. Die sind auch dringend notwendig, denn wegen der Terminvergabe kam es wohl zu anderen Wartezeiten – bei der Bearbeitung der Anträge: Zwei bis drei Monate mussten die Antragsteller darauf warten. Und nun, da man das Antragsproblem ,gelöst’ hat, steht die ursprünglich zu lösende Aufgabe wortwörtlich wieder vor der Tür: Menschenschlangen.
Denn aus Hygienegründen dürfen sich nur jeweils 34 Personen in dem Warteraum der Behörde aufhalten. „Pro Woche kommen aber etwa 1500 Menschen in die Behörde“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. Dass Menschen nun vor der Tür warten müssten, sei kaum vermeidbar.
Problem Nummer zwei: Personalmangel
Plötzliche Lösung?
Kurz nach Anfrage der Redaktion zur Situation am Ausländeramt präsentiert die Stadtverwaltung – nach monatelangem Abwarten – überraschend eine mögliche Lösung: „Wir reagieren auf die Schlangenbildung beim Ausländeramt,“ teilt Stadtsprecher Volker Wiebels nun mit.
Bereits ab Donnerstag, 25. November, soll die Wandelhalle im Rathaus (Eingang Am Rathaus 1/Behinderteneingang) wieder für die Ausgabe der elektronischen Aufenthaltstitel genutzt werden.
Die fertiggestellten Aufenthaltspapiere können dann zu diesen Öffnungszeiten ausschließlich im Rathaus abgeholt werden: montags und dienstags von 9 bis 11 Uhr, donnerstags von 8 bis 11.30 sowie von 14 bis 16 Uhr.
Doch offenkundig gibt es noch ganz andere Schwierigkeiten personeller Art, die eine Lösung erschweren. Wie aus einer Meldung der Stadt am 17. November hervorgeht, scheint auch die Personaldecke der Behörde zu kurz und ist sogar gezwungen, ihre Öffnungszeiten ab kommender Woche einzuschränken.
Hasan Tuncer, Vorsitzender des Integrationsrates, ist über die Lage besorgt: „Wir haben das Problem, dass Menschen, zum Teil Kinder, über Stunden bei Nässe und Kälte draußen stehen, schon mehrere Male bei der Stadt angesprochen“. Auch unter Corona-Bedingungen sei die Situation problematisch, stellt Tuncer fest. Denn die Menschen stehen auf dem schmalen Gehweg neben dem Radfahrstreifen zu dicht zusammen, unterhalten sich, teils auch ohne Maske.
In Kürze will der Integrationsrat mit der Ausländerbehörde ins Gespräch kommen. Dabei werde auch die Lage vor der Behörde angesprochen: „Wir werden der Leitung die Lösung des Problems als dringenden Arbeitsauftrag mitgeben“, sichert Tuncer zu.
Die Grünen schlagen „Außenmanagement wie am Bürgeramt“ vor
Auch die Fraktion der Grünen will sich mit Fachpolitikern, Integrationsrat und der künftigen Leiterin der Ausländerbehörde (ab 1.1.22), Britta Gerlach, in der Sache beraten. „Im gemeinsamen, konstruktiven Dialog sollen verschiedene Lösungsansätze erarbeitet und auf Umsetzbarkeit geprüft werden“, heißt es. Verbesserungspotentiale sehen die Grünen in der Stärkung der digitalen Entwicklung.
So könnte ein gut ausgebautes Bürgerserviceportal mit breitgefächerten Online-Terminvereinbarung Bürgerinnen und Bürger so manche Wartezeit verkürzen. Für die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Ingrid Tews, ist es wichtig, dass für die Migranten die Möglichkeit verbessert wird, selbst Termine ausmachen zu können, was aktuell nicht so leicht ist.
Als begleitende Sofortmaßnahme, sehen die Grünen ein „Außenmanagement ähnlich wie am Bürgeramt“, das die Wartezeiten verbessernd reguliert. Dort werden die Wartenden nach Terminen und Anliegen befragt, ihnen gesagt, wie lange die Wartezeit wohl ist, und geprüft, ob die nötigen Unterlagen mitgebracht wurden. Dies verhindere zwar keine Wartezeiten per se, ergänzt Bezirksbürgermeisterin der BV1 Britta Stalleicken, bewahre Menschen aber eventuell davor, unnötig lange oder umsonst zu warten.