Mülheim. Knapp ein Fünftel der Mülheimer ist nicht deutsch. Wer sich in Mülheim einbürgern lassen möchte, wartet aktuell besonders lange. Woran das liegt.
Die Ampel-Koalition will die Einbürgerung von in Deutschland lebenden Menschen mit ausländischen Wurzeln vereinfachen. Die Pläne rund um das „moderne Staatsangehörigkeitsrecht“ hatten für eine öffentliche Debatte gesorgt, gerade die doppelte Staatsangehörigkeit scheint Kritikerinnen und Kritikern ein Dorn im Auge. So hatte die CSU der Koalition vorgeworfen, den deutschen Pass „verramschen“ zu wollen. Wie ist eigentlich die Lage in Mülheim? Wie viele Menschen sind in den vergangenen Jahren eingebürgert worden, woher stammen sie? Und: Wie viele Menschen in der Stadt haben eine doppelte Staatsangehörigkeit?
Von 2017 bis 2022 sind in Mülheim 2.233 Einbürgerungen durchgeführt worden. Anträge gab es in diesem Zeitraum Angaben der Verwaltung zufolge insgesamt 2.822. Die Zahl der Einbürgerungen hat seit 2019 (402) im vergangenen Jahr mit 423 Verfahren erstmals wieder die 400 überschritten, Tiefstwert der jüngeren Vergangenheit: 2017 mit 303 Einbürgerungen. Und lagen in diesem Jahr sowie 2018 Menschen aus der Türkei noch auf Platz 1 der am häufigsten eingebürgerten Menschen in Mülheim (2017: 39, 2018: 33), waren es 2019 und 2020 Menschen aus dem Irak (63 und 49) und 2021 sowie 2022 Menschen aus Syrien (52 und 111).
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Aktuell, so Dezernentin Anja Franke, befinden sich 685 Fälle in Bearbeitung. Wer in Mülheim eine Einbürgerung beantragt, wartet im Schnitt zehn bis zwölf Monate. 2020 habe die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Antragsannahme bis Aushändigung der Urkunde noch etwa sechs Monate betragen. Dass sich die Dauer des Prozesses verdoppelt hat, führt Franke auf den exponentiellen Anstieg der Antragszahlen zurück. Zu den Vorjahren gibt es Angaben der Verwaltung zufolge keine Zahlen, auch die Verteilung der Antragsstellenden auf die Herkunftsländer sei nicht statistisch erhoben.
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Was aber bekannt ist, sind etwa die Gesamtzahl der Menschen in Mülheim, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Der Anteil der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit lag Ende 2022 bei 17,9 Prozent (31.419). Erhoben werden darüber hinaus statistische Bezirke, hier schwanken die Anteile der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zwischen 2,8 Prozent im Bezirk Holthausen – Südost) und 48,4 Prozent in Altstadt II – Südwest. Am häufigsten vertreten sind Menschen mit türkischer, syrischer, serbischer und an vierter Stelle ukrainischer Staatsangehörigkeit.
Doppelte Staatsangehörigkeit in Mülheim bei 9 Prozent
Teil der öffentlichen Debatte war und ist die doppelte Staatsangehörigkeit – gerade in konservativen Kreisen verrufen. In Mülheim haben laut jüngsten Erhebungen 15.614 Menschen (9 Prozent) neben der deutschen noch eine weitere Staatsangehörigkeit. Auch hier ist der Bezirk Altstadt II – Südwest Spitzenreiter (13,8 Prozent). Unter den Doppelstaatlern am häufigsten vertreten sind Menschen mit polnischer, türkischer oder serbischer Staatsangehörigkeit.
Oberbürgermeister Marc Buchholz befürwortet die Einbürgerung nicht-deutscher Bürger – mit Einschränkung. Grundsätzlich sei es wünschenswert, „wenn der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit unter bestimmten Bedingungen im Sinne einer gelingenden Integration beschleunigt beziehungsweise vereinfacht werden soll“. Wenn Menschen sich in Deutschland zuhause fühlten und mit dem Land identifizierten, sei das begrüßenswert. Aber: Mehrfache Staatsangehörigkeiten lehnt Buchholz ab. Die Staatsangehörigkeit sei als Bekenntnis zu einem Land zu verstehen.
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In den vergangenen Jahren, pandemiebedingt zuletzt 2019, hat die Stadt Mülheim Einbürgerungsfeiern veranstaltet, bei denen unter anderem Bürgermeister, Ältestenrat, Integrationsrat, Fraktionsvorsitzende und Dezernenten geladen waren. Jeweils etwa 100 Personen haben dabei ihre Einbürgerung gefeiert.