Mülheim. Imker Carsten Scharwei ist Herr über 400 Kilogramm flüssiges Gold und 800.000 Bienen. Warum für den Mülheimer gerade ein neues Jahr begonnen hat.
Für Carsten Scharwei hat das neue Jahr gerade angefangen. Nicht kalendarisch gesehen, sondern eher biologisch. Oder zoologisch? Er ist Imker und damit beginnt für ihn im Spätsommer das neue Bienenjahr. Dann nämlich ist der Honig, das Gold der Bienen, geerntet und die Völker werden winterfest gemacht. 20 Bienenvölker, also ungefähr 800.000 Bienen pflegt Carsten Scharwei. Sie stehen auf Streuobstwiesen und einem Kleingarten in Styrum, Saarn und Speldorf.
Ebenfalls eine Eigenart des Bienenjahres: Das alte endet immer mit dem Höhepunkt - der Ernte des Sommerhonigs. „Der ist immer aussagekräftiger als der Frühjahrshonig. Dieses Jahr ist er dunkelbeige mit viel Linde. Das merkt man am minzigen Geschmack.“ Scharwei isst seinen Honig am liebsten auf einem hellen Brötchen und kann gar nicht verstehen, warum er so oft nach Rapshonig gefragt wird. Der habe doch kaum Charakter.
Überhaupt seien viele Menschen überrascht, wenn sie zum ersten Mal seinen Honig probieren. „Wer sonst nur den Supermarkt-Honig kennt, merkt dann, dass das ganz anders schmeckt.“ Honig ist ein urtypisches regionales Produkt. Wer wissen will, wie es zu Hause schmeckt, muss nur kosten, was die Bienen aus Wald, Wiese und Feld eingetragen haben. Scharwei nennt das „ein Überraschungspaket“.
Zum Imkern kam der Mülheimer durch seine Frau
Zwischen 400 und 500 Kilogramm flüssiges Gold hat der Mülheimer diesen Sommer geerntet. Er verkauft es glasweise im Bekanntenkreis und in kleineren Geschäften in Speldorf und Saarn. Zum Imkern kam er durch seine Frau. „Wollen wir nicht mal einen Imker besuchen?“, habe sie ihn gefragt. Und als er da so in diesem fremden Garten saß und den ersten Kontakt zu den Bienen aufnahm, dachte er: „Die tun ja gar nichts.“
Kurz darauf überzeugte er den Imker, ihm ein erstes Übungsvolk zu überlassen. „Von da an hieß es: Bücher lesen und YouTube-Videos gucken.“ Nun, 20 Jahre später, betreibt Carsten Scharwei seinen eigenen YouTube-Kanal mit Tipps und Tricks rund um die Bienenpflege. Imkern, das ist für ihn nicht zuletzt auch eine willkommene Abwechslung zu seinem Bürojob in der Mülheimer Stadtverwaltung.
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Nun zu Beginn des neuen Bienenjahres geht es vor allem darum, seine Völker winterfest zu machen. Die Behandlung gegen die Varroamilbe steht an. Sie wird für das weltweite Bienensterben verantwortlich gemacht. Außerdem wird für den Winter mit Zuckerwasser eingefüttert, da mit der Honigernte ein Großteil der Speisekammer geleert wurde. Auch die Bienen bereiten sich auf ihre Art auf den Winter vor. Sie dichten den Bienenstock von innen ab. Die Winterbienen, die jetzt geboren werden, sind zudem nicht mehr so zahlreich.
Ab Oktober fliegen die Bienen nur noch an sonnigen Tagen raus. Wer also jetzt noch Bienen sieht, kann sich noch einmal an ihrem Anblick erfreuen. Und nur, damit keine Missverständnisse aufkommen: Bienen interessieren sich wirklich nicht für Bratwurst und Kuchen. Das sind ihre etwas raubeinigen Cousinen, die Wespen.